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Rede von Ministerin Birgit Honé_ Sitzung des Bundesrates am 12. April 2019_ Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung des Mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027

Antrag der Länder Brandenburg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen, Drucksache 167/18


Es gilt das gesprochene Wort

Anrede,

wir waren uns in der Europaministerkonferenz einig, dass wir für die künftige Ausgestaltung des Mehrjährigen Finanzrahmens einen Bundesratsbeauftragten brauchen. Leider gab es hier aber keine Einigung mit dem Bund. Das Argument der mangelnden Betroffenheit der Länder können wir allerdings nicht nachvollziehen. Zumindest ist es uns gelungen, eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Federführung der Länder zu spezifischen Themen im Rahmen der Beratungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen einzurichten.

Wir befassen uns mit dem hier vorliegenden Antrag insgesamt zum dritten Mal im Bundesrat mit den Vorschlägen der Europäischen Kommission zum Mehrjährigen Finanzrahmen nach 2020. Im Juli 2018 und im Februar dieses Jahres haben wir im Rahmen der Europaministerkonferenz bereits Anträge für den Bundesrat vorbereitet, die hier erfolgreich verabschiedet wurden. Wir haben nun über einen weiteren Antrag zu entscheiden, der sich mit dem künftigen Mittelfristigen Finanzrahmen befasst und die Ländersichtweise nochmals deutlich werden lässt. Die für Niedersachsen entscheidenden Punkte möchte ich erläutern: Der Bedarf der Regionen nach Planungssicherheit und nach Gestaltungsfreiraum liegt uns allen am Herzen.

Theoretisch sehen das auch die Verhandlungspartner auf europäischer Ebene so, aber finanzielle Interessen scheinen derzeit so stark im Vordergrund zu stehen, dass die Praktikabilität aus den Augen verloren geht. Wir müssen immer wieder den Finger in die Wunde legen. Wir alle wollen mit den europäischen Geldern europäischen Mehrwert und europäische Ziele verfolgen. Alle Regionen wollen dies!

Es ist derzeit noch nicht ersichtlich, dass der schon spürbare Wille den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, in den Vorschlägen ausreicht. Die großen Schritte fehlen noch, auch hier in der Balance zwischen Finanzverantwortung und Rechtmäßigkeit der Mittelverwendung einerseits sowie Alltagstauglichkeit und Aufwandsreduzierung andererseits.

Die späte Verabschiedung der Rechtsgrundlagen wird erhebliche Auswirkungen auf die Förderperiode haben. Der Zeitplan wird uns in der Praxis und der Umsetzung Sorgen bereiten. Wir werden wieder mindestens ein Jahr verlieren, bevor wir wirklich loslegen können. Jede Verschiebung der Einigung auf europäischer Ebene verschiebt den Beginn der neuen Förderperiode. Im Bereich der Landwirtschaft gehen wir gemeinsam über alle drei Ebenen hinweg davon aus, dass wir frühestens 2023 anfangen können. Damit verlieren wir zwei Jahre in der Förderperiode. Das ist alles andere als Planungssicherheit. Der Gedanke nach Übergangsvorschriften liegt also nahe.

Das Europäische Semester bietet einerseits Orientierung, schränkt andererseits aber auch den Gestaltungsspielraum erheblich ein, wenn die Vorgaben der Europäischen Kommission zu eng sind. Die Verordnungsentwürfe geben uns Spielraum, mit dem wir verantwortungsvoll umgehen werden. Wir Länder ermitteln die Bedarfe unserer Regionen, um die Mittel aus den europäischen Strukturfonds wirtschaftlich sinnvoll und nachhaltig einzusetzen. Dabei haben wir die übergeordneten Ziele der EU im Blick. Dies geben die Vorschriften richtigerweise auch so vor. Wir lehnen das Europäische Semester also keinesfalls ab. Wir erkennen ebenfalls an, dass seine Bedeutung steigen muss. Die Verknüpfung und damit einhergehend die große Einflussnahme der Kommission geht uns allerdings deutlich zu weit.

Besondere Bedeutung bekommt die Verknüpfung des Europäischen Semesters mit der Kohäsionspolitik durch die Vorschriften zur Halbzeitüberprüfung und dem Umstand, dass nur Mittel für die ersten 5 Jahre verplant werden können. Wer weiß, wie aufwendig, umständlich und langwierig Änderungsanträge und Genehmigungsverfahren sind, wird nachvollziehen können, weshalb ich dies kritisiere.

Da hilft auch der derzeitige Kompromissvorschlag nicht weiter, dass die Mittel für die letzten beiden Jahre zur Hälfte eingeplant werden dürfen. Durch 50-prozentigen Mittelzuwachs in den Jahren 2026 und 2027 müssen sämtliche Finanztabellen und Indikatoren angefasst werden, in denen die Mittel eingesetzt werden sollen. So ein Änderungsverfahren dauert in der Regel ungefähr 9-12 Monate.

Nun kommt wiederum die Verknüpfung mit dem Europäischen Semester ins Spiel. Aus dem Semester 2024 werden wir wieder verpflichtende Vorgaben für die Änderung in 2025 bekommen. Wer geht nicht davon aus, dass es wieder Forderungen nach Investitionen und Innovation sein werden? Die Vorgaben aus dem Europäischen Semester 2019 werden nicht so schnell behoben sein.

Das heißt, mit den Mitteln der Jahre 2026 und 2027 werden wir weder investive noch innovative Maßnahmen fördern können. Aber auch der späte tatsächliche Start der Förderperiode macht eine Rückkehr zur n+3-Regel zwingend notwendig, wenn wir verstärkt investieren, damit die Regionen wieder Innovationsführer in Europa werden.

Um die Kernpunkte noch einmal zusammenzufassen:

  • Wir sind für das Europäische Semester, aber gegen eine zu starke Verknüpfung mit der Kohäsionspolitik.
  • Wir sind für eine Halbzeitüberprüfung, aber auch für die Einplanung sämtlicher Mittel für die gesamte Förderperiode und nicht für 5+2 bei der Programmaufstellung.
  • Wir sind für die Wiedereinführung der n+3-Regel.
  • Wir setzen uns für die Stärkung des europäischen Mehrwerts, aber gegen eine Konditionalisierung mit den Kohäsionsmitteln in der von der Kommission vorgelegten Weise ein.

Vielen Dank!

Artikel-Informationen

erstellt am:
12.04.2019

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