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Rede von Ministerin Birgit Honé im Niedersächsischen Landtag am Mittwoch, den 15. Juli 2020 zu TOP 5c: „Tierwohl, Umweltschutz, Klimaschutz – wird das Mercosur-Abkommen ohne die Beteiligung der Mitgliedstaaten durchgewunken?“

Antrag der Fraktion der AfD, Drucksache 18/07027


- Es gilt das gesprochene Wort -


Frau Präsidentin,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

vor fast genau einem Jahr haben sich die Europäische Union und der südamerikanische Staatenbund Mercosur auf ein umfassendes Freihandelsabkommen geeinigt. Dieses Freihandelsabkommen ist Teil eines sogenannten „Assoziierungsabkommens“, das

1. den politischen Dialog,
2. die technische Kooperation und Zusammenarbeit und

3. die Handelsbeziehungen

zwischen den zwei Regionen in einem Vertragswerk regeln soll. Eine Einigung über den politischen Dialog gibt es bislang jedoch noch nicht.

Bereits im Herbst 2019 haben wir hier im Plenum des Niedersächsischen Landtages über das geplante EU-Mercosur-Abkommen diskutiert. In der damaligen Diskussion habe ich deutlich gemacht, dass Freihandelsabkommen grundsätzlich sinnvolle Instrumente sind, um gemeinsame Spielregeln in einer globalisierten Welt zu vereinbaren. Dafür müssen die Spielregeln für alle Beteiligten jedoch klar definiert und die Rahmenbedingungen eingehalten werden.

Aktuell wird auf Brüsseler Ebene diskutiert, ob das geplante Assoziierungsabkommen für das Votum in den Nationalparlamenten gesplittet werden sollte – in ein reines Handelsabkommen und einen gemischten politischen Teil.

Die Handelspolitik fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der EU. Das bedeutet, dass Rechtsvorschriften über Handelsfragen von der EU und nicht von den Mitgliedstaaten erlassen werden. Eine Aufsplittung in die drei Bestandteile und eine Herauslösung des Handelsteils vom politischen Rahmenabkommen könnte zur Folge haben, dass der Handelsteil als reines Handelsabkommen bewertet wird. Sollte das Handelsabkommen dann in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fallen, also kein gemischtes Abkommen zustanden kommen, könnte eine vorherige Beteiligung der einzelnen EU-Mitgliedstaaten entfallen.

Ich sage es ganz deutlich: Ich sehe diesen Ansatz, der derzeit in den Brüsseler Gremien diskutiert wird, sehr kritisch.

Sie alle wissen, dass es an dem geplanten Abkommen viel Kritik gab und immer noch gibt. Sollte es nun zu einer Aufsplittung kommen, wird die Kritik am geplanten EU-Mercosur-Abkommen vermutlich nicht weniger, sondern noch größer werden. Das halte ich nicht für zielführend – gerade auch im Hinblick auf die Akzeptanz des gesamten Abkommens. Meines Erachtens muss es auch darum gehen, die Beziehungen zwischen den Regionen EU und Mercosur zu vertiefen und auszubauen. Und ich spreche hier nicht ausschließlich über wirtschaftspolitische Beziehungen zwischen den Staatenbünden!

Kritisch sehe ich auch, dass sich die Kontrollmechanismen für die Umsetzung der im Abkommen festgelegten Absprachen dann wahrscheinlich im gemischten politischen Teil wiederfinden würden. Dies könnte auch für die Einhaltung der Menschenrechte gelten. Würde es zu einer Aufsplittung kommen, wäre dieser Aspekt also nicht an den Handelsteil geknüpft. Das wäre aus meiner Sicht falsch, den aus Sicht der EU muss es auch darum gehen, faire und nachhaltige Handelspolitik zu betreiben, die die Menschenrechtssituation vor Ort verbessert und für die Menschen in beiden Regionen positive Effekte bietet.

Es ist die globale Verantwortung der EU, die europäischen Werte zu verteidigen und sich für eine nachhaltige und ressourcenschonende Handels- und Umweltpolitik einzusetzen. Das ist gerade mit Blick auf die aktuelle Situation in Brasilien von immenser Bedeutung.

Mein Haus hat Sie bereits in der vergangenen Woche im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Niedersächsischen Landtages über den aktuellen Sachstand zum geplanten EU-Mercosur-Abkommen unterrichtet. Auch die mögliche Neuentwicklung auf Brüsseler Ebene wurde hier erwähnt. Im Zuge der Unterrichtung wurde jedoch deutlich darauf hingewiesen, dass derzeit noch unklar ist, ob es zu einer Aufsplittung des geplanten Abkommens kommen wird – und falls ja, wie diese konkret aussehen wird.

Ein expliziter Vorschlag der Europäischen Kommission liegt aktuell noch nicht vor. Klar ist aber: Wir werden die Diskussionen auf Brüsseler Ebene kritisch im Blick behalten!

Ich danke für die Aufmerksamkeit!

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.07.2020

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