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875. Sitzung des Bundesrats am 15.10.2010

Aus niedersächsischer Sicht waren folgende Tagesordnungspunkte von besonderer Bedeutung


TOP 5
Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (HBegl.G 2011)
BR-Drs. 532/10


TOP 6
Entschließung des Bundesrates zum Verbot des Schenkelbrandes bei Pferden
- Antrag des Landes Rheinland-Pfalz -
BR-Drs. 479/10

TOP 8
Entschließung des Bundesrates zur Stärkung der Verwendung von Biokraftstoffen
- Antrag des Landes Bayern -
BR-Drs. 569/10


TOP 10
Entwurf eines Gesetzes zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz)
BR-Drs. 534/10


TOP 11
Entwurf eines Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzierungsgesetz - GKV-FinG)
BR-Drs. 581/10


TOP 17
Entwurf eines Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
BR-Drs. 540/10

TOP 34
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung - Neuordnung der Anordnungskompetenz für die Entnahme von Blutproben
- Antrag des Landes Niedersachsen -
BR-Drs. 615/10


TOP 39
Dreiundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (23. BAföGÄndG)
BR-Drs. 655/10



Zu TOP 5
Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (HBegl.G 2011)
BR-Drs. 532/10


Wesentlicher Inhalt:
Das HBegl.G 2011 dient zur Umsetzung derjenigen Maßnahmen, die im Rahmen der Konsolidierung des Bundeshaushaltes einer fachgesetzlichen Regelung bedürfen. Vorgesehen ist ein Entlastungsvolumen des Bundeshaushalts im Finanzplanzeitraum 2011 bis 2014 von insgesamt 20 Mrd. Euro. Damit soll die Einhaltung der Defizitgrenze des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes und die Einhaltung der Schuldenregel des Grundgesetzes gewährleistet werden. Im Zusammenwirken mit den weiteren Maßnahmen dienen sie dazu, das vom Bundeskabinett beschlossene Konsolidierungspaket mit einem Einsparvolumen von über 80 Mrd. Euro für die kommenden vier Jahre zu erreichen.
Im Wesentlichen sind folgende Maßnahmen enthalten:

  • Einführung einer Luftverkehrssteuer.
  • Änderungen der Insolvenzordnung zur Stärkung der Position der öffentlichen Hand.
  • Wegfall der Versicherungspflicht von Empfängern der Grundsicherung für Arbeitssuchende zur gesetzlichen Rentenversicherung.
  • Wegfall des befristeten Zuschlags für Empfänger der Grundsicherung für Arbeitssuchende.
  • Wegfall der Erstattungen von Aufwendungen der Rentenversicherungsträger für einigungsbedingte Leistungen im Bereich der gesetzlichen
    Rentenversicherung.
  • Kürzungen beim Bezug des Elterngeldes.
  • Wegfall des Heizkostenzuschusses im Wohngeldrecht.
  • Gewährung eines einmaligen Zuschusses von 2 Mrd. Euro an den Gesundheitsfonds im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung im Haushaltsjahr
    2011.
  • Minderung der Steuervergünstigungen für Unternehmen des produzierenden Gewerbes im Rahmen des Energie- und Stromsteuergesetzes.


Behandlung in den Ausschüssen:
Während die Ausschüsse für Agrar- und Verbraucherschutz sowie Gesundheit für keine Einwendungen votierten, empfahlen der federführende Finanzausschuss und die übrigen beteiligten Ausschüsse eine umfangreiche Stellungnahme. Auf Initiative Niedersachsens forderte der Wirtschaftsausschuss unter anderem eine Freistellung von der Luftverkehrssteuer für Flüge von und zu einer inländischen Insel bis zu einer Entfernung von 100 km zwischen Start- und Zielort. Damit soll eine hinreichende Daseinsvorsorge der Inselbewohner gewährleistet werden, da für Bewohner und Besucher der Inseln Flüge wegen der tideabhängigen Fahrzeiten oft die einzige Alternative sind.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens eine Stellungnahme beschlossen. Die Empfehlung auf Freistellung der Inselflüge von der Luftverkehrssteuer fand eine Mehrheit.

Zu TOP 6
Entschließung des Bundesrates zum Verbot des Schenkelbrandes bei Pferden
- Antrag des Landes Rheinland-Pfalz -
BR-Drs. 479/10

Wesentlicher Inhalt:
Mit der Entschließung soll die Bundesregierung aufgefordert werden, das Brennen des Verbandszeichens bei Pferden („Schenkelbrand“, Brandzeichen) zu verbieten, und zwar durch Streichung eines Ausnahmetatbestandes im Tierschutzgesetz. Die Entschließung zielt kompromisslos auf ein Verbot. Kulturgeschichtliche Hintergründe oder wirtschaftliche Erwägungen der Pferdezuchtverbände finden keine Berücksichtigung. Auch ein Zeitraum zum Finden einer anderen Methode mit gleichem Ergebnis, die zweifelsfrei noch nicht gesucht wurde, ist nicht vorgesehen.

Behandlung im Ausschuss:
Im Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz fand ein Antrag Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, der ausreichend Zeit für die Erarbeitung einer Verfahrensalternative forderte, keine Mehrheit. Der Ausschuss empfahl schließlich die unveränderte Entschließung gegen die Stimmen Niedersachsens, Sachsens und Schleswig-Holsteins bei Enthaltung Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat fasste gegen die Stimmen Niedersachsens die Entschließung. Niedersachsen gab eine Protokollerklärung ab.

Zu TOP 8
Entschließung des Bundesrates zur Stärkung der Verwendung von Biokraftstoffen
- Antrag des Landes Bayern -
BR-Drs. 569/10


Wesentlicher Inhalt:
Die bundesrechtlichen Rahmenbedingungen für die Verwendung von Biokraftstoffen sollen angepasst werden. Bei der ab dem Jahr 2015 geplanten Umstellung von einer Gesamtquote (energetisch) auf eine Treibhausgasvermeidungsquote ist schon jetzt abzusehen, dass die Erfüllung der Zielvorgaben nicht erreicht werden kann, da zur Erfüllung einer bestimmten Treibhausgasvermeidungsquote energetisch betrachtet - wegen der ständigen Effizienz-Verbesserung der Biokraftstoffe - immer weniger Biokraftstoffe erforderlich sein werden. Es wird deshalb vorgeschlagen, neben der vorgesehenen Treibhausgasquote als "Sicherheitsnetz" auch den energetischen Quotenanteil bis 2020 fortzuschreiben, um so auch über das Jahr 2015 hinaus Kontinuität zu gewährleisten. Angesichts der Verfügbarkeit von Biokraftstoffen in Reinform soll der Schwerpunkt zur Erreichung des Zehn-Prozent-Ziels nicht ausschließlich auf die Beimischung, sondern auch auf den Einsatz der Biokraftstoffe in Reinform gelegt werden. Dies entspricht auch den Zielen des Koalitionsvertrages, der eine Wiederbelebung des Marktes für reine Biokraftstoffe vorsieht. Außerdem soll die Steuerbegünstigung für besonders förderungswürdige Biokraftstoffe (E 85, Biomethan, BtL sowie Ethanol aus Cellulose) über das Jahr 2015 hinaus fortgeführt werden.

Behandlung in den Ausschüssen:
Im Umweltausschuss hat ein Antrag Baden-Württembergs gegen die Stimme Niedersachsens eine Mehrheit erhalten, der den Antrag Bayerns ersetzen soll. Er ist breiter gefächert und schließt andere Mobilitätsbereiche der Erneuerbaren Energien ein (z.B. Brennstoffzelle) und erweitert das Themenfeld um Nachhaltigkeitsstandards. Niedersachsen hat diesen Antrag abgelehnt, da der bayrische Antrag die Problematik der Förderung von Biokraftstoffen besser auf den Punkt bringt und die niedersächsischen Interessen als Anbaugebiet widerspiegelt. Im Wirtschaftsausschuss wurde mit der Stimme Niedersachsens der Grundantrag beschlossen. Im Agrarausschuss wurde eine Prüfbitte aus Hessen gegen die Stimme Niedersachsens beschlossen, inwieweit neben der vorgesehenen Treibhausgasquote als "Sicherheitsnetz" auch der energetische Quotenanteil bis 2020 fortgeschrieben werden sollte, um Kontinuität auch über das Jahr 2015 hinaus zu gewährleisten. Ein niedersächsischer Antrag zur Verringerung des Bürokratieaufwandes erhielt eine knappe Mehrheit. Der Finanzausschuss votierte mit der Stimme Niedersachsens gegen die Entschließung.

Behandlung im Plenum:
Die Maßgabe des Umweltausschusses erhielt keine Mehrheit, wobei Niedersachsen ebenfalls ablehnte. Die Prüfbitte aus dem Agrarausschuss erhielt mit den Stimmen Niedersachsens eine Mehrheit. Der niedersächsische Antrag konnte sich nicht durchsetzen. Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens die Entschließung nach Maßgabe gefasst.

Zu TOP 10
Entwurf eines Gesetzes zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz)
BR-Drs. 534/10


Wesentlicher Inhalt:
Als Konsequenz aus der Finanzmarktkrise enthält der Gesetzentwurf eine Reihe sich ergänzender Regelungen, um Banken, die in Schieflage geraten, in einem geordneten Verfahren entweder zu sanieren oder abzuwickeln. Zur eigenverantwortlichen Krisenbewältigung ist ein Sanierungs- und Reorganisationsverfahren für Kreditinstitute vorgesehen. Während die Handlungsoptionen des Sanierungsverfahrens im Wesentlichen im Kreditwesengesetz angelegt sind, orientiert sich das Reorganisationsverfahren grundsätzlich an den Regelungen eines Insolvenzplanverfahrens. Daneben sind zum frühzeitigen Eingreifen und zur Krisenbewältigung aufsichtrechtliche Befugnisse für die Finanzdienstleistungsaufsicht vorgesehen, die es ermöglichen sollen, Sanierungsschritte zu fordern und durchzusetzen. Ist eine Sanierung nicht möglich, können das Vermögen oder Teile des Vermögens einer systemrelevanten Bank auf eine private Bank oder vorübergehend auf eine staatliche „Brückenbank“ übertragen werden. Außerdem ist die Erhebung einer Bankenabgabe zur Finanzierung künftiger Restrukturierungs- und Abwicklungsmaßnahmen vorgesehen, deren Aufkommen in einem zu errichtenden Restrukturierungsfonds als Sondervermögen des Bundes von der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung verwaltet wird. Die Beitragsbemessung soll sich am systemischen Risiko einer Bank ausrichten. Beitragspflichtig sollen alle Bankinstitute mit Ausnahme der staatlichen KfW-Bank sein. Neben laufenden Beiträgen ist auch die Erhebung von Sonderbeiträgen möglich. Die näheren Einzelheiten, insbesondere die Höhe der Beiträge, sollen in einer gesondert zu erlassenden Verordnung des BMF ohne Zustimmung des Bundesrates geregelt werden. Das Aufkommen soll jährlich rund 1,2 Mrd. Euro betragen.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Finanzausschuss und die beteiligten Ausschüsse empfahlen eine Stellungnahme. In der Stellungnahme werden unter anderem Ausnahmen von der Beitragspflicht zum Restrukturierungsfonds für Förder-, Bürgschafts- und Landesbanken sowie für Verbundinstitute mit eigenen Sicherungseinrichtungen (Sparkassen und Volksbanken) gefordert. Ferner soll die Rechtsverordnung nur mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden dürfen.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens Stellung genommen. Zudem wurde ein Plenarantrag des Landes Nordrhein-Westfalen, dem Niedersachsen beigetreten ist, beschlossen. Darin fordert der Bundesrat wegen bestehender Lücken umfassende Regelungen über Vergütungsgrundsätze für Unternehmen des Finanzsektors, die Stabilisierungsmaßnahmen in Anspruch nehmen unter Einführung einer Verdienstobergrenze von 500.000 Euro für deren Mitarbeiter.

Zu TOP 11
Entwurf eines Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzierungsgesetz - GKV-FinG)
BR-Drs. 581/10


Wesentlicher Inhalt:
Ziel des Gesetzentwurfes ist es, neben der Einnahmeseite auch durch Einsparungen auf der Ausgabenseite zu einer längerfristigen Konsolidierung der gesetzlichen Krankenkassen beizutragen. In folgenden Bereichen sollen die Ausgaben stabilisiert werden: Die Verwaltungskosten der Krankenkassen dürfen in den nächsten zwei Jahren im Vergleich zu 2010 nicht ansteigen. Bezüglich der Finanzierung von Mehrleistungen der Krankenhäuser wird ein Abschlag in Höhe von 30 % im Jahr 2011 gefordert und ab dem Jahr 2012 sollen vertragliche Vereinbarungen getroffen werden. Verschiedene Regelungen des Gesetzentwurfes begrenzen den Ausgabenzuwachs bei der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen in 2011 und 2012. So soll nach dem Gesetzentwurf die sog. Veränderungsrate, das ist der aus der Grundlohnrate ermittelte Honorarzuwachs für nicht festpreisliche ärztliche Leistungen, halbiert werden. Das Vergütungsniveau in der hausarztzentrierten Versorgung wird begrenzt. Die Punktwerte und Gesamtvergütungen für vertragszahnärztliche Leistungen (ohne Zahnersatz) dürfen nach der Gesetzvorlage nur begrenzt erhöht werden. Ferner hat der Bundestag in seinem Entwurf die bundesweite Angleichung der Basisfallwerte bis 2019 gestrichen und will somit längerfristig unterschiedliche Niveaus der Vergütung von Krankenhausleistungen erlauben. Die Finanzierungsgrundlagen der GKV werden gestärkt: Die Absenkung der Beitragssätze von 2009 um 0,6 % entfällt. Damit wird der Beitragssatz für Arbeitgeber und Arbeitnehmer wieder auf 14,6 % angehoben zuzüglich 0,9 Prozentpunkte Beitragsanteil der Versicherten. Der Arbeitgeberbeitrag wird auf 7,3 Prozent festgeschrieben. Unvorhersehbare Ausgabensteigerungen der Krankenkassen sollen durch Zusatzbeiträge der Mitglieder finanziert werden können. Ein Sozialausgleich wird geschaffen für die Beitragszahler, die mehr als 2 Prozent des sozialversicherungspflichtigen Einkommens für einen eventuellen Zusatzbeitrag zahlen müssen. Der Sozialausgleich erfolgt aus Bundesmitteln. Er soll leicht handhabbar und ohne großen Verwaltungsaufwand unternehmens- oder betriebsintern verrechnet bzw. gezahlt werden.

Behandlung in den Ausschüssen:
Den vorgesehenen Abschlag bei der Finanzierung von Mehrleistungen der Krankenhäuser fordert der Bundesrat zu streichen und zwar mit dem Hinweis, dass dadurch insbesondere beim Krankenhauspersonal schmerzhaften Einschränkungen zu befürchten wären. Der Gesundheitsausschuss empfahl für Leistungen, die nicht nach Basisfallwerten erstattet werden, die im Gesetzentwurf vorgesehene Halbierung der Veränderungsrate zu streichen und um 0,25 (2011) und 0,75 (2012) Prozentpunkte zu verringern. Bezüglich der von der Bundesregierung vorgenommenen Streichung der Anpassung der Basisfallwerte bis 2019 empfahl der Ausschuss eine Prüfbitte dahingehend, ob die Basisfallwerte des unteren Korridorbereiches an den einheitlichen Basisfallwert angeglichen werden können. Ferner sollen Verbesserungen für den beruflichen Wiedereinstieg von Personen geregelt werden, die eine Elternzeit in Anspruch genommen haben und des weiteren sollen die Regelung zum Wechsel in eine private Krankenversicherung auf 2011 verschoben werden, sodass den Krankenkassen ein weiteres Jahr verbleibt, um sich auf diese Änderung einzustellen. Die Umsetzung des Sozialausgleiches soll präzisiert werden und es sollen die gleichen Transparenzregelungen zu den Vergütungen von Geschäftsführern medizinischer Dienste gelten, wie sie für Vorstände bereits im Gesetzentwurf vorgesehen sind. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten, der Ausschuss für Kulturfragen und der Wirtschaftsausschuss beschlossen, keine Einwendungen zu erheben; im Finanzausschuss kam keine Empfehlung zustande und der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik sah von einer Stellungnahme ab.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat eine umfangreiche Stellungnahme beschlossen. Die Stellungnahme enthält auch die durch einen Plenarantrag eingebrachte Forderung, die alte Regelung zur Angleichung der Basisfallwerte bis 2019 wieder in das Gesetz aufzunehmen und geht damit über die vom Gesundheitsausschuss empfohlene Prüfbitte hinaus. Niedersachsen hat sich in Anerkennung des Reformpakets der Bundesregierung weitgehend enthalten.

Zu TOP 17
Entwurf eines Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
BR-Drs. 540/10

Wesentlicher Inhalt:
Nach geltendem Recht gibt es keinen speziellen Rechtsbehelf im Falle der Gefährdung oder Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutz in angemessener Zeit, der sowohl vom Grundgesetz als auch von der Menschenrechtskonvention garantiert wird. Diese Rechtsschutzlücke soll mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung geschlossen werden. Der Gesetzentwurf geht auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zurück, der in seinem Urteil vom 8. Juni 2006 entschieden hat, dass die Rechtslage in Deutschland nicht den Anforderungen des Art. 6 Absatz 1 und des Art. 13 der Europäischen Konvention für Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entspreche. Zwar sei das Rechtsstaatsprinzip in der Deutschen Verfassung verankert, es fehle aber an einem innerstaatlichen wirksamen Rechtsbehelf gegen die Verletzung des Anspruchs. Die aus der Verletzung des Rechts auf angemessene Verfahrensdauer entstandenen Nachteile sollen den Betroffenen zukünftig ersetzt werden. Sowohl der materielle als auch der immaterielle Schaden sollen ausgleichbar sein. Zwingende Voraussetzung für die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruches ist die Erhebung einer Verzögerungsrüge gegenüber dem entscheidenden Gericht. Das Gesetz soll auch für bereits anhängige Verfahren gelten sowie für abgeschlossene Verfahren, deren Dauer Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist oder noch werden kann.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Rechtsausschuss, der Finanzausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten haben dem Plenum eine umfangreiche fachliche Stellungnahme empfohlen. Dabei geht es u.a. um die Begrenzung des Ersatzes auf eine angemessene Entschädigung sowie die Streichung der Vermutung eines Nichtvermögensschadens bei Verzögerung des Verfahrens. Die Entschädigungsklage solle erst nach Abschluss des verzögerten Verfahrens erhoben werden können und nicht schon sechs Monate nach Erheben der Verzögerungsrüge. Die Einbeziehung strafrechtlicher Ermittlungs- und Gerichtsverfahren und die Frage der möglichen Befangenheit von Richtern, die an beiden Verfahren beteiligt sind - also sowohl in der Sache als auch zur Feststellung des Schadensersatzanspruchs - solle überprüft werden. Weiter wurde empfohlen, das Gesetz lediglich auf Verfahren anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten eingeleitet werden.

Behandlung im Plenum:
Das Plenum hat zu dem Gesetzentwurf - überwiegend mit niedersächsischer Unterstützung - Stellung genommen. Herr Minister Busemann hat das Wort ergriffen.

Zu TOP 34
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung - Neuordnung der Anordnungskompetenz für die Entnahme von Blutproben
- Antrag des Landes Niedersachsen -
BR-Drs. 615/10


Wesentlicher Inhalt:
Mit dem Gesetzentwurf soll der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen in den Fällen der §§ 315a und 315c bis 316 StGB (Gefährdung des Bahn-, Schiffs- Luft- und Straßenverkehrs sowie bei Trunkenheit im Verkehr) eine eigene gleichrangige Anordnungskompetenz für die Entnahme von Blutproben zum Zwecke des Nachweises von Alkohol, Betäubungsmitteln oder Medikamenten im Blut eingeräumt werden.

Behandlung in den Ausschüssen:
Die Ausschussberatungen haben noch nicht stattgefunden.

Behandlung im Plenum:
Der Gesetzentwurf wurde zur Beratung an die Ausschüsse verwiesen. Bei der Aussprache hat Herr Minister Busemann das Wort ergriffen.

Zu TOP 39
Dreiundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (23. BAföGÄndG)
BR-Drs. 655/10


Wesentlicher Inhalt:
Mit dem vorliegenden Gesetz sollen die BAföG-Leistungen durch Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge spürbar verbessert werden. Daneben werden strukturelle Anpassungen an Entwicklungen in den schulischen und tertiären Ausbildungsgängen vorgenommen, beispielsweise bei der Altersgrenze für die Förderung von Masterstudiengängen und bei der Berücksichtigung von Leistungspunkten nach dem Europäischen System zur Anrechnung von Studienleistungen (ECTS) im Ausbildungsförderungsrecht. Auch die Auslandsförderung im Schülerbereich wird weiter ausgebaut. Ein weiterer Schwerpunkt liegt beim Abbau von Bürokratie im Vollzug des BAföG. Hier sind Einsparungen beim Aufwand für Bürger wie für die Verwaltung durch die komplette Pauschalierung der Wohnkosten und mittelfristig auch im Bereich der Darlehensrückzahlung zu erwarten.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Ausschuss für Kulturfragen empfahl dem Bundesrat, dem Gesetz zuzustimmen. Der Finanzausschuss empfahl, die Einberufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel zu verlangen, dass der Bund die aus dem Gesetz resultierenden Mehrausgaben für die Weiterentwicklung des BAföG und die Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG) allein trägt. Dieser Empfehlung war der Bundesrat am 9. Juli 2010 mit den Stimmen Niedersachsens gefolgt.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens beschlossen, dem Gesetz zuzustimmen. Die Länder folgten damit der Empfehlung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat, der das Gesetz am 14. Oktober bestätigt hatte. Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterschrift vorgelegt. Es soll rückwirkend zum 1. Oktober 2010 in Kraft treten. Die Bundesregierung hatte in der Plenarsitzung verbindlich zugesichert, Forschungsprojekte der Hochschulen zusätzlich zu fördern. Das BMBF wird ab dem Haushaltsjahr 2011 im Rahmen der direkten Projektförderung an Hochschulen aus seinen Fachprogrammen eine Projektpauschale in Höhe von 10 Prozent der Projektausgaben gewähren. Ab 2012 erhöht sich diese Programmpauschale bei Neubewilligungen von 10 auf 20 Prozent. Die Programmpauschale dient zur Teilfinanzierung der durch das jeweilige Forschungsprojekt verursachten indirekten Projektkosten. Die in den Verhandlungen zwischen den Ländern und dem Bund genannten finanziellen Größenordnungen sowie die inhaltlichen Bemessungsgrundlagen orientieren sich an den Ist- Ausgaben 2009. Über die Projektförderung des BMBF wird grundsätzlich in qualitätsorientierten und wettbewerblichen Auswahlprozessen entschieden. Die dauerhafte Einführung der Programmpauschale bei Forschungsprojekten an Hochschulen ist eine wichtige, langfristig wirkende Weichenstellung im Wissenschaftssystem.



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Ansprechpartner/in:
Herr Rüdiger Jacobs

Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund
In den Ministergärten 10
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Tel: 030/72629-1700
Fax: 030/72629-1702

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