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925. Sitzung des Bundesrates am 19. September 2014

Aus niedersächsischer Sicht waren folgende Tagesordnungspunkte von besonderer Bedeutung:


TOP 4
Zweites Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes
BR-Drs. 382/14

TOP 5
Gesetz zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer
BR-Drs. 383/14

TOP 13
Entschließung des Bundesrates zur Insolvenzsicherung der Rückstellungen für Stilllegung, Abbau und Entsorgung im Atombereich
- Antrag der Länder Schleswig-Holstein, Hessen, Rheinland-Pfalz -
BR-Drs. 280/14

TOP 17
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz
BR-Drs. 355714

TOP 55
Verordnung zur Änderung der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissi9onsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV)
BR-Drs. 319/14


Zu TOP 4
Zweites Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes
BR-Drs. 382/14

Wesentlicher Inhalt:
Mit dem Gesetz, das einen Monat nach Verkündung in Kraft tritt, erhalten in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern die Möglichkeit, auf Dauer zwei Pässe und damit die doppelte Staatsbürgerschaft zu behalten. Junge Bürgerinnen und Bürger können damit dauerhaft zwei Staatsangehörigkeiten haben, wenn sie in Deutschland geboren sind und bis zum 21. Geburtstag mindestens acht Jahre hier gelebt oder sechs Jahre lang eine Schule besucht haben. Alternativ reicht auch ein deutscher Schulabschluss oder eine abgeschlossene Ausbildung aus. Bisher mussten sich Kinder aus sogenannten Zuwandererfamilien bis zum 23. Geburtstag für einen Pass entscheiden. Der Bundesrat hat darüber hinaus eine von Niedersachsen eingebrachte Entschließung gefasst, mit der er weitere Änderungen im Staatsbürgerschaftsrecht anmahnt. Wie bereits in der Vergangenheit vom Bundesrat gefordert, soll der Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit aufgegeben und das Optionsverfahren vorbehaltlos und vollständig aufgehoben werden.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der Innenausschuss hat einvernehmlich dem Bundesrat empfohlen, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat festgestellt, dass ein Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht vorliegt. Minister Pistorius hat im Plenum das Wort ergriffen.

Zu TOP 5
Gesetz zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer
BR-Drs. 383/14

Wesentlicher Inhalt:
Das Gesetz stuft Mazedonien, Serbien sowie Bosnien und Herzegowina als sichere Herkunftsstaaten ein, um so die Dauer der Asylverfahren von Bürgern aus diesen Staaten zu verkürzen. Zugleich erleichtert die Neuregelung den Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber und geduldete Ausländer, indem sie die Wartefrist für die Aufnahme einer Beschäftigung auf drei Monate verkürzt.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der Innenausschuss hat Zustimmung empfohlen. Ein Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses fand keine Mehrheit.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat dem Gesetz zugestimmt. Niedersachsen hat sich enthalten.

Zu TOP 13
Entschließung des Bundesrates zur Insolvenzsicherung der Rückstellungen für Stilllegung, Abbau und Entsorgung im Atombereich
- Antrag der Länder Schleswig-Holstein, Hessen, Rheinland-Pfalz -

BR-Drs. 280/14

Wesentlicher Inhalt:
Die von den Betreibergesellschaften gebildeten Rückstellungen belaufen sich momentan auf ca. 35 Milliarden Euro. Unbekannt ist, ob die Höhe der Rückstellungen angemessen ist und ob diese Gelder tatsächlich zur Verfügung stehen, wenn sie gebraucht werden. Der Entschließungsantrag verfolgt daher unter anderem das Ziel, die Höhe der Rückstellungen für jedes einzelne Kernkraftwerk zu überprüfen. Sollten sich die Rückstellungen als unzureichend erweisen, soll der Bund dafür Sorge tragen, dass sie auf das angemessene Maß erhöht werden. Dies entspricht auch einer Forderung, die der Bundesrechnungshof bereits im Jahre 2011 aufgestellt hat. Es gibt bislang keine gesetzlichen Anforderungen für die Verwendung der Rückstellungen. Sie stehen derzeit nicht kurzfristig bereit, sondern sind in Unternehmen oder Kapitalgeschäften gebunden. Deshalb ist es ein weiteres Ziel dieses Antrags, durch Bundesgesetz eine langfristige Sicherung der Rückstellungen vor möglichen Insolvenzen der Kernkraftwerksbetreiber herzustellen. Es soll gewährleistet werden, dass bei Insolvenz einer Betreibergesellschaft der jeweilige Mutterkonzern voll und zeitlich unbegrenzt für alle Verbindlichkeiten oder Verluste einsteht. Zur Sicherstellung der Verpflichtungen sollen durch geeignete Instrumente rechtsverbindliche Regelungen zur Übertragung der Rückstellungen und gegebenenfalls von Zahlungen geschaffen werden. Es soll vermieden werden, dass anstelle der zahlungspflichtigen Betreibergesellschaften der Staat für die Kosten aufkommen muss.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der Finanzausschuss sowie der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfahlen, die Entschließung nach Maßgabe von Änderungen zu fassen. So sollen die Forderungen in den Nummern 4 und 5 der Entschließung als Prüfauftrag formuliert werden und öffentlich finanzierte Reaktoren wegen der nicht bestehenden Insolvenzgefahr ausgenommen werden. Der federführende Wirtschaftsausschuss empfahl dem Bundesrat, die Entschließung unverändert zufassen.

Behandlung im Plenum:
Der TOP wurde auf Antrag Nordrhein-Westfalens bei Enthaltung Niedersachsens von der Tagesordnung abgesetzt.

Zu TOP 17
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz
BR-Drs. 355714

Wesentlicher Inhalt:
Ziel des Gesetzentwurfes der Bundesregierung ist es, die bestehenden Elterngeldregelungen nach dem Bedürfnis der Eltern zu flexibilisieren sowie ein Elterngeld Plus mit einem Partnerschaftsbonus einzuführen.

Der Gesetzentwurf enthält vier wesentliche Punkte:

1. Elterngeld Plus
Das Elterngeld Plus soll als neue, eigenständige Gestaltungskomponente des bisherigen Elterngeldes eingeführt werden. Jeder Partner kann zukünftig statt eines Elterngeldmonats zwei Elterngeld Plus-Monate in Anspruch nehmen. Damit können vor allem Eltern, die nach der Geburt des Kindes in Teilzeit arbeiten, länger vom Elterngeld profitieren. So können Paare bis zu 14 Monate gleichzeitig Elterngeld beziehen und bis zu dreißig Wochenstunden arbeiten.

2. Partnerschaftsbonus
Ein Partnerschaftsbonus ergänzt das Elterngeld Plus. Er besteht aus vier zusätzlichen Elterngeld Plus-Monaten je Elternteil und kann während oder im Anschluss an den Elterngeldbezug eines Elternteils bezogen werden.

3. Flexiblere Nutzungsmöglichkeit der Elternzeit
Eltern sollen zukünftig eine nicht beanspruchte Elternzeit von bis zu 24 Monaten zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch nehmen können. Eine Zustimmung des Arbeitgebers ist nicht mehr notwendig. Eltern können ihre Elternzeit außerdem zukünftig ohne Zustimmung des Arbeitsgebers in bis zu drei Abschnitte aufteilen. Dabei bleiben die Regelungen für die Inanspruchnahme einschließlich der siebenwöchigen Anmeldefrist für Elternzeit und Elternzeitteilzeit für die Zeit vor dem dritten Geburtstag unverändert.

4. Gesetzliche Klarstellung zum Elterngeld bei Mehrlingseltern
Für die Ansprüche von Mehrlingseltern wird das Gesetz in seiner ursprünglich intendierten Regelung klarer gefasst, der zufolge bei Mehrlingsgeburten nur ein Anspruch auf Elterngeld besteht und für die weiteren Mehrlinge der Mehrlingszuschlag in Höhe von 300 Euro gezahlt wird. Insoweit war nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 27.06.2013, B10 EG3/12 RundB10EG8/12R) eine gesetzliche Präzisierung erforderlich.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Ausschuss für Familie und Senioren und der Finanzausschuss empfahlen, zu dem Gesetzentwurf Stellung zu nehmen. Der Wirtschaftsausschuss empfahl, gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens im Sinne der Ausschussempfehlungen Stellung genommen. U.a. wird kritisiert, dass die neue Regelung diejenigen vom Bezug der sogenannten Partnermonate sowie des Partnerschaftsbonus beim Elterngeld ausschließe, die - wie familienrechtlich gewollt - nach einer Trennung das gemeinsame Sorgerecht aufrechterhalten. Eine familienpolitische Leistung dürfe gerade keine Anreize setzen, ein gemeinsames Sorgerecht aufzulösen. Grundlage für die Gewährung der zusätzlichen Monate müsse vielmehr die reale soziale Situation sein. Eine Ergänzung fordert der Bundesrat auch im Hinblick auf die Regelungen zur Flexibilisierung der Arbeitszeit während der Elternzeit. Für die Verteilung sollen die gleichen Anforderungen wie für die Reduzierung der Arbeitszeit gelten. Zudem möchte der Bundesrat durch eine klarere Regelung der örtlichen Zuständigkeit der Elterngeldstellen im Falle eines Wohnortwechsels für Verwaltungsvereinfachung sorgen. Er weist auch auf die neu entstehenden Verwaltungskosten hin, die in erster Linie die Länder träfen, und fordert den Bund auf, diese Kosten zu übernehmen. Ministerin Rundt hat im Bundesrat das Wort ergriffen.

Zu TOP 55
Verordnung zur Änderung der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissi9onsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV)
BR-Drs. 319/14

Wesentlicher Inhalt:
Die 16. BImSchV vom 12. Juni 1990 regelt unter anderem das Berechnungsverfahren zur Beurteilung der Lärmimmissionen des Schienenverkehrs. Die Berechnungsgrundlagen und Grenzwerte für die Ermittlung von Lärmimmissionen sind in Anlage 2 der 16. BImSchV enthalten in Verbindung mit der Richtlinie zur Berechnung der Schallimmissionen von Schienenwegen (Schall 03 [1990]) und der Richtlinie für schalltechnische Untersuchungen bei der Planung von Rangier- und Umschlagbahnhöfen (Akustik 04 [1990]). Nach Angaben der Bundesregierung ist seit Erlass der 16.BImSchV regelmäßig kritisch hinterfragt worden, ob diese Regelungen noch aktuell sind für den Erlass von Schutzauflagen vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Lärm an Schienenwegen. Seit 1990 hat sich die Eisenbahn- und Straßenbahntechnik fortentwickelt. Es kommen neue Fahrzeuge und Fahrbahnbauarten zum Einsatz, die im Einzelnen von der 16. BImSchV noch nicht berücksichtigt werden. Da der Schienenbonus durch das Elfte Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 12. Juli 2013 abgeschafft wurde, müssen außerdem weitergehende Schallschutzmaßnahmen ergriffen werden. Dafür sind auch der Einsatz und die akustische Berücksichtigung neuerer Technik wesentlich. Durch neue Hard- und Softwarestandards können für EDV-unterstützte Prognoserechnungen erweiterte und verfeinerte Methoden mehrdimensionaler Modelle eingesetzt werden. Und nicht zuletzt wurden in der Fachwelt weitere Erkenntnisse über die Schallemission und Schallausbreitung gewonnen. Mit der vorgelegten Änderungsverordnung werden jetzt die 16. BImSchV, die Schall 03 [1990] und die Akustik 04 [1990] aktualisiert.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Verkehrsausschuss und der Umweltausschuss empfahlen dem Bundesrat, der Verordnung nach Maßgabe einer Vielzahl von Änderungen zuzustimmen. Sie empfahlen dem Bundesrat ferner, eine umfangreiche Entschließung zu fassen. Eine Maßgabe beinhaltet die Verpflichtung der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag regelmäßig über die Durchführung der Verordnung zu berichten. In dem Bericht soll insbesondere dargestellt werden, ob die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV dem Stand der Lärmwirkungsforschung entsprechen und ob weitere Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche erforderlich sind. Nach Auffassung des Umweltausschusses konnten bis zur Vorlage der Verordnung zahlreiche Fragestellungen noch nicht abschließend geklärt werden, z. B. die Gewährleistung eines ausreichenden Nachtschlafs beim Schienenverkehr, der Umrüstungsgrad der Güterwagen mit Verbundstoff-Klotzbremsen sowie die Emissionsansätze beim Schienenverkehr. Auch sieht er langfristig die Notwendigkeit, harmonisierte Berechnungsmethoden bzw. eine umfassende Gesamtlärmbetrachtung einzuführen. Die Erfahrungen aus der Praxis sowie die Ergebnisse der aktuellen Forschung sollen zukünftig in der 16. BImSchV laufend Berücksichtigung finden. In der empfohlenen Entschließung wird die Bundesregierung u.a. aufgefordert zu prüfen, ob der gesunde Nachtschlaf an Schienenwegen durch die bestehenden Regelungen hinreichend sichergestellt ist oder ob neue Kenngrößen zur Beurteilung der Aufwachreaktionen erforderlich sind. Die eventuell dazu notwendigen Forschungsvorhaben soll die Bundesregierung zügig auf den Weg bringen. Sie soll ferner eine messtechnische Validierung der Berechnungsvorschrift Schall 03 [2014] veranlassen und Testaufgaben zur Qualitätssicherung der Software für die Berechnung der Beurteilungspegel für Schienenverkehrswege vorlegen. Der Gesundheitsausschuss empfahl dem Bundesrat, der Verordnung unverändert zuzustimmen.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat der Verordnung nach Maßgabe einer Änderung zugestimmt. Niedersachsen hat sich enthalten. Ferner hat der Bundesrat eine Entschließung gefasst.



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Ansprechpartner/in:
Herr Rüdiger Jacobs

Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund
In den Ministergärten 10
10117 Berlin
Tel: 030/72629-1700
Fax: 030/72629-1702

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