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Runder Tisch aus Niedersachsen fordert ein Sozialeres Europa

Europaministerin Hone: EU muss sich angesichts des Krieges auf ihre Werte besinnen


Wie kann Europa in Zukunft aus niedersächsischer Sicht sozialer gestaltet werden? Über diese Frage hat sich ein „Runder Tisch Soziales Europa“ mit Vertreterinnen und Vertretern des Niedersächsischen Europaministeriums, des Deutschen Gewerkschaftsbunds, der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege und des Landesjugendrings in den vergangenen Monaten Gedanken gemacht. Als Ergebnis hat der Runde Tisch ein Papier mit dem Namen „Niedersächsische Positionen für die Zukunft Europas – zusammen, sozial, gerecht!“ veröffentlicht. Anlässe für das Papier waren neben den Krisen in einigen Mitgliedstaaten, den jüngsten Wahlerfolgen radikaler uns extremistischer Kräfte, dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU auch die in diesem Mai beendete Konferenz zur Zukunft Europas sowie der Krieg Russlands gegen die Ukraine.

„Mit diesem Angriffskrieg Russlands har Präsident Putin einen Krieg in Europa ausgelöst und damit die europäische Friedensordnung erschüttert, die auf Freiheit, Menschenrechten, Demokratie, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit basiert. Angesichts dieser Zeitenwende ist es notwendiger denn je, dass sich die EU auf ihre Werte besinnt“, sagte die niedersächsische Europaministerin Birgit Honé. Zudem zeige sich, dass Populisten und Extremisten sich auch innerhalb der Staaten soziale Probleme und Ängste zunutze machten und damit Wahlerfolge feierten. „Hier müssen die Kräfte der Mitte den Menschen Angebote machen, die Sicherheit und Vertrauen schaffen oder zurückgewinnen“, ergänzte die Ministerin.

Eine zentrale Antwort darauf müsse eine Stärkung der Europäischen Säule sozialer Rechte durch konkrete, einklagbare Rechte sein. „Dazu brauchen wir ganz besonders die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in Europa, Gleichstellung von Männern und Frauen, Achtung der Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie der Gewerkschaften, Vertiefung des sozialen Dialogs, Tarifverhandlungen und Demokratie am Arbeitsplatz“, erklärte Honé.

Dr. Mehrdad Payandeh, Vorsitzender des DGB Niedersachsen, ergänzte: „Die aktuelle Energiekrise zeigt, dass wir eine handlungsfähige Europäische Union brauchen, die sich beherzt den Sorgen und Nöten der Menschen annimmt. Als Partner des ,Runden Tisches Soziales Europa‘ wollen wir mit unserer niedersächsischen Perspektive dazu beitragen, die soziale Dimension der EU zu stärken, um gesellschaftlichen Zusammenhalt, Demokratie und Teilhabe zu fördern. Das Fundament der Europäischen Union muss ein soziales Europa mit gesicherter Daseinsvorsorge, guter Arbeit, fairen Löhnen und einem hohen sozialen Schutzniveau sein.“

Marco Brunotte, Vorsitzender der LAG der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen, machte dabei auf die große Bedeutung eines armutsfesten Europas aufmerksam: „Auch die Covid‐ 19‐Pandemie hat die Dringlichkeit unterstrichen, die EU durch Stärkung der sozialen Dimension krisenfester zu machen. Corona hat viele gesellschaftliche Probleme deutlich verschärft und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft schwinden lassen. Hier sind unmittelbar dringend erforderliche Reparaturarbeiten zu leisten. Es gilt jetzt politisch die Weichen für mehr Solidarität zu stellen – auch auf europäischer Ebene. Es geht um eine gerechte Zukunft. Daher ist die Bekämpfung der Armut von Kindern und ihren Familien ein wichtiges Ziel. Insbesondere auch dafür müssen wir politisch die Weichen stellen für mehr Solidarität in Europa.“

Regina Gehlisch, Vorstandssprecherin des Landesjugendrings, wirft einen Blick in die Zukunft: „Die Jugend ist die Zukunft Europas. Angesichts der großen Krisen unserer Zeit – Coronakrise, Ukrainekrise, Klimakrise – braucht die Jugend dringend ein positives Zukunftsszenario. Die EU war immer ein politisches Versprechen für Frieden, Demokratie und Wohlstand auf unserem Kontinent. Es ist entscheidend, dass dieses Versprechen auch für die nachrückende Generation gilt. Dazu braucht es eine Weiterentwicklung des europäischen Integrationsprozesses. Der logische erste Schritt wäre, dass Wahlalter bei Europawahlen abzusenken, um junge Menschen aktiv an europäischer Politik und Gestaltung zu beteiligen.“


Das Positionspapier finden Sie auf unserer Internetseite unter diesem Link:

www.mb.niedersachsen.de/niedersaechsische-positionen-fuer-die-zukunft-europas  


Hintergrund:

Am 9. Mai 2022 endete die Konferenz zur Zukunft Europas. Bürgerinnen und Bürger hatten dabei Vorschläge für ein starkes und progressives Europa gemacht. Eine zentrale Forderung war die nach einem sozialeren Europa. Darum hat sich in Niedersachsen ein „Runder Tisch Soziales Europa“ konstituiert. Die Beteiligten wollen damit niedersächsische Perspektiven für ein sozialeres Europa einbringen und Ansprüche formulieren.

Einzelne Punkte des Positionspapiers:

1. Europa als Sozialunion

Die Grundsätze der Europäischen Säule sozialer Rechte müssen zu einklagbaren Rechten, in die Übertragung in ein Sozialprotokoll oder eine soziale Fortschrittsklausel führen.

2. Armutsfestes Europa

Wichtiges Ziel ist die Bekämpfung der gesellschaftlichen Ausgrenzung bedürftiger Kinder.

Europa braucht Schutz vor Energiearmut. Nachhaltige und ausgleichende Maßnahmen sowie Energiearmut abmildernde Maßnahmen müssen entwickelt werden.

3. Jugendgerechtes Europa

Die Stärkung des europäischen Gedankens bei jungen Menschen wird als besonders wichtig beurteilt. Elementar ist die Förderung von europäischen Jugendbegegnungen.

Die Förderung der (dualen) Ausbildung kann Armut und Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen.

Die Absenkung des Wahlalters bei Europawahlen auf 16 kann junge Menschen aktiv an europäischer Politik und Gestaltung beteiligen.

4. Umfassende Daseinsvorsorge in Europa

Die Daseinsvorsorge ist besonders in Krisenzeiten zu schützen.

Es braucht eine verlässliche soziale Infrastruktur, die europaweit gestärkt und ausgebaut wird.

5. Gerechter Wandel in Europa

Nur ein soziales Europa bietet Sicherheit im Wandel. Einen „Grünen Deal“ gibt es demnach nur gemeinsam mit einem Sozialen Deal.

Der Grüne Deal kann nur erfolgreich werden, wenn niemand zurückgelassen wird.

Artikel-Informationen

erstellt am:
28.09.2022

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