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816. Sitzung des Bundesrates am 4. November 2005

Auch diese Sitzung des Bundesrates hatte eine sehr kurze Tagesordnung. Aus niedersächsischer Sicht waren davon die folgenden Themen von besonderer Bedeutung:

TOP 3 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes und anderer Gesetze. BR-Drs. 550/05

TOP 4 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Buchpreisbindungsgesetzes - Antrag des Freistaates Bayern -, BR-Drs. 656/05

TOP 7 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe sowie zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und der Verordnung (EG) über persistente organische Schadstoffe
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates im Hinblick auf ihre Anpassung an die Verordnung (EG) des Europäischen Parlaments und des Rates über die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe
BR-Drs. 62/04

TOP 3 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes und anderer Gesetze. BR-Drs. 550/05

Wesentlicher Inhalt:

Der Gesetzentwurf bezweckt im Wesentlichen die Anpassung deutscher Gesetze an die EU-Freizügigkeitsrichtlinie vom April 2004 sowie die Beschränkung von Transferleistungen (Grundsicherung für Arbeitsuchende, Sozialhilfe) an Ausländer. Die neuen Regelungen sollen einen "Sozialtourismus" aus den neuen Beitrittsländern verhindern, da dort das Lohnniveau zum Teil weit unter dem deutschen Sozialhilfeniveau liegt. Dazu sollen Schlupflöcher für den Missbrauch der deutschen Sozialsysteme geschlossen werden. Im Einzelnen enthält die Initiative folgende Maßnahmen:

  • Das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern wird an europäisches Recht angepasst. Damit können die nach europäischem Recht bestehenden Möglichkeiten der Beschränkung von Transferleistungen genutzt werden.
  • Der Leistungsbezug an Ausländer wird beschränkt:
    - Nichterwerbstätige Ausländer erhalten in den ersten drei Monaten ihres Aufenthaltes weder Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) noch Sozialhilfe (SGB XII).
    - Der Bezug von Transferleistungen wird für arbeitsuchende Ausländer für den Zeitraum der Arbeitsuche ausgeschlossen, soweit sich das Aufenthaltsrecht allein auf der Arbeitsuche begründet.
  • Die Möglichkeiten des Missbrauchs in der Sozialhilfe werden beschränkt:
    - Ausländer haben nur bei rechtmäßigem Aufenthalt in Deutschland einen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen.
    - Ausländische Leistungsempfänger können zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit verpflichtet werden.
    - Ausländer müssen künftig auf Verlangen der Behörden glaubhaft machen, dass sie nicht eingereist sind, um Sozialhilfe zu beziehen (Umkehr der Beweislast bei dem bisherigen Missbrauchstatbestand des § 23 SGB XII).
  • Der Gesetzentwurf enthält auch eine Regelung zur Vermeidung bisher aufgetretener Härtefälle bei der Heranziehung von Ehepaaren zu den Kosten der Sozialhilfe, wenn ein Ehepartner auf Dauer im Heim lebt. Eine Heranziehung soll nur in angemessenem Umfang erfolgen.

Behandlung in den Ausschüssen:

Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, die Ausschüsse Familie und Senioren sowie für Frauen und Jugend und der Gesundheitsausschuss empfahlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf mit einer Reihe von Änderungen einzubringen. Diese betreffen insbesondere die Heranziehung zu den Kosten der Sozialhilfe bei Dauerpflegeheimfällen.

Der Finanzausschuss, der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Wirtschaftsausschuss empfahlen die unveränderte Einbringung des Gesetzentwurfs.

Behandlung im Plenum:

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens die Einbringung des Gesetzentwurfs mit Maßgaben beschlossen.

TOP 4 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Buchpreisbindungsgesetzes - Antrag des Freistaates Bayern -, BR-Drs. 656/05

Wesentlicher Inhalt:

In Niedersachsen und anderen Ländern (z.B. Bayern, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen) beteiligen sich die Erziehungsberechtigten bzw. volljährigen Schülerinnen und Schüler bereits an der Schulbuchfinanzierung. In weiteren Ländern ist eine künftige Beteiligung geplant. Die Beteiligung beträgt teilweise mehr als die Hälfte der Gesamtkosten. Nach der jetzigen Rechtslage gibt es für Schulbuchbestellungen nur einen Sammelrabatt, wenn die Schulbücher überwiegend von der öffentlichen Hand finanziert werden.

Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Buchpreisbindungsgesetzes soll erreicht werden, dass der Preisnachlass für Schulbücher, an denen die öffentliche Hand Eigentum erwirbt, unabhängig von der Höhe der privaten Mitfinanzierung erhalten bleibt.

Behandlung in den Ausschüssen:

Der federführende Wirtschaftsausschuss empfahl die unveränderte Einbringung des Gesetzentwurfs; der Ausschuss für Kulturfragen eine Einbringung mit Maßgabe. So soll der Sammelrabatt auch einem beliehenen Unternehmer gewährt werden, der im Auftrag oder unter Weisung eines Landes die Lernmittel beschafft.

Behandlung im Plenum:

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens die Einbringung des Gesetzentwurfs mit Maßgabe beschlossen.

TOP 7 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe sowie zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und der Verordnung (EG) über persistente organische Schadstoffe
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates im Hinblick auf ihre Anpassung an die Verordnung (EG) des Europäischen Parlaments und des Rates über die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe
BR-Drs. 62/04

Wesentlicher Inhalt:

Mit der Vorlage soll das so genannte REACH-System (Registration, Evaluation and Authorisation of Chemicals) zur Neuordnung des Chemikalienrechts in der EU eingerichtet und eine Europäische Agentur für chemische Stoffe geschaffen werden. Bei REACH handelt es sich um ein einheitliches System zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von chemischen Stoffen und Altstoffen. Dies dient folgenden Zielsetzungen:

  • Schutz der menschlichen Gesundheit und des Klimas,
  • Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und
  • Erhöhung des Erfinderpotentials in der Chemieindustrie innerhalb der EU.

Die Agentur soll für die technische, wissenschaftliche und administrative Betreuung des REACH-Systems auf Gemeinschaftsebene zuständig sein und das reibungslose Funktionieren des Systems sicherstellen.

Behandlung in den Ausschüssen:

Der Bundesrat hatte bereits in seiner 800. Sitzung am 11. Juni 2004 und in seiner 811. Sitzung am 27. Mai 2005 zu der Vorlage Stellung genommen. Wegen der Mitte November 2005 zu erwartenden 1. Lesung im Europäischen Parlament und der noch unter britischer Ratspräsidentschaft angestrebten politischen Einigung wurden die Beratungen in den Ausschüssen wieder aufgenommen.

Der federführende EU-Ausschuss sowie der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und der Wirtschaftsausschuss empfahlen dem Bundesrat eine umfangreiche Stellungnahme.

Das von Niedersachsen in allen drei Ausschüssen vorgebrachte Anliegen, durch Streichung des Kumulierungsansatzes eine weitergehendere Erleichterung insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen zu erreichen, wurde in allen Ausschüssen überwiegend mit breiter Mehrheit abgelehnt. Die Unternehmen sollten nach niedersächsischer Auffassung nicht zur Registrierung verpflichtend herangezogen werden, (nur) weil sie über die Kumulierung insgesamt vorhandener bzw. produzierter Stoffmengen über bestimmte Schwellengrenzen kommen.

Behandlung im Plenum:

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens eine umfangreiche Stellungnahme beschlossen, jedoch gegen die Stimmen Niedersachsens den Kumulierungsansatz beibehalten.

Presseinfo
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