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897. Sitzung des Bundesrates am 15. Juni 2012

Aus niedersächsischer Sicht waren folgende Tagesordnungspunkte von besonderer Bedeutung:


TOP 4a
Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz
BR-Drs. 322/12 (neu)
in Verbindung mit
Zu TOP 4b
Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes
BR-Drs. 292/12

TOP 5
Gesetz zur Errichtung eines Nationalen Waffenregisters (Nationales Waffenregister-Gesetz - NWRG)
BR-Drs. 293/12

TOP 7
Gesetz zur Änderung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes
BR-Drs. 295/12

TOP 10
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes
- Antrag des Landes Niedersachsen -
BR-Drs. 333/12

TOP 21
Entwurf eines Gesetzes zur Einrichtung einer Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas
BR-Drs. 253/12

TOP 22
Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 21. September 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutsch und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt in der Fassung vom 5. April 2012
BR-Drs. 254/12

TOP 61
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes
- Antrag des Landes Niedersachsen -
BR-Drs. 342/12

TOP 62
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds, für die der Gemeinsame Strategische Rahmen gilt, sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006
- Antrag aller Länder -
BR-Drs. 629/11


Zu TOP 4a
Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz
BR-Drs. 322/12 (neu)
in Verbindung mit
Zu TOP 4b
Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes
BR-Drs. 292/12

Wesentlicher Inhalt:
Mit dem aus der Mitte des Deutschen Bundestages eingebrachten Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz (TOP 4a) soll die Bereitschaft zur Organspende bei der Bevölkerung gefördert werden. Ziel ist es, die Bürgerinnen und Bürger durch Information in die Lage zu versetzen, sich mit der Frage der eigenen Spendenbereitschaft ernsthaft zu befassen und diese anzuhalten, die hierfür erforderliche Erklärung zu dokumentieren. Adressaten des Gesetzes sind Bundesbürgerinnen und -bürger ab 16 Jahren, die alle fünf Jahre aufgefordert werden sollen, freiwillig eine Entscheidung über ihre Spendenbereitschaft abzugeben. Das Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes (TPG) (TOP 4b) dient der Umsetzung der Richtlinie 2010/53/EU vom 07.07.2010 über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe in deutsches Recht. Gegenstand dieser Richtlinie sind insbesondere die Festlegung EU-weiter, einheitlicher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Entnahmekrankenhäuser, Transplantationszentren und andere Bereitstellungsorganisationen sowie Anforderungen an die Charakterisierung des Spenderorgans und das System der Rückverfolgbarkeit und die Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen. Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie bis spätestens zum 27.08.2012 in nationales Recht umgesetzt haben. Ein Schwerpunkt der Richtlinienumsetzung ist die Stärkung der Rolle der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) als Koordinierungsstelle in dem System für Qualität und Sicherheit, das die EU-Richtlinie vorsieht.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Gesundheitsausschuss empfahl dem Bundesrat, zu dem Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz (TOP 4a) einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht zu stellen. Der federführende Gesundheitsausschuss empfahl dem Bundesrat, den Vermittlungsausschuss zu dem Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes (TOP 4b) aus einem Grund anzurufen. Ziel war es, die bislang lediglich im Vertrag nach § 11 Absatz 3 TPG enthaltene Verpflichtung der Koordinierungsstelle (DSO), von den Transplantationszentren organisatorisch unabhängige regionale Untergliederungen zu bilden, gesetzlich zu regeln. Ferner sollte gesetzlich festgelegt werden, dass den vorgenannten Untergliederungen von der Koordinierungsstelle ein eigenes Budget zugewiesen wird.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat beide Gesetze einstimmig gebilligt. In einer begleitenden Entschließung hat er die Bundesregierung gegen die Stimmen Niedersachsens jedoch aufgefordert, beim Organspendeprozess mehr regionale Flexibilität zu gewährleisten. Die überregionale Koordinierungsstelle zwischen Transplantationszentren und Entnahmekrankenhäusern müsse ihren Regionalstellen mehr Eigenverantwortlichkeit einräumen, zum Beispiel durch eigene Budget- und Personalverantwortung.

Zu TOP 5
Gesetz zur Errichtung eines Nationalen Waffenregisters (Nationales Waffenregister-Gesetz - NWRG)
BR-Drs. 293/12

Wesentlicher Inhalt:
Nach der EU-Waffenrichtlinie, die bereits im Waffengesetz umgesetzt wurde, haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass ein computergestütztes zentral oder dezentral eingerichtetes Waffenregister eingeführt und stets auf dem aktuellen Stand gehalten wird. In dem Waffenregister, welches bis zum 31. Dezember 2012 zu errichten ist, soll jede unter die Richtlinie fallende Waffe registriert sein. Insbesondere sollen Schusswaffen, deren Erwerb und Besitz der Erlaubnis bedürfen, sowie Daten von Erwerbern und Überlassern dieser Schusswaffen elektronisch auswertbar erfasst und auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Den zuständigen Behörden soll der Zugang zu den gespeicherten Daten gewährleistet werden. Durch das Gesetz wird die Rechtsgrundlage zur Errichtung des Nationalen Waffenregisters geschaffen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 10. Februar 2012 u. a. einige gesetzliche Klarstellungen und Änderungen verlangt. Im Falle einer abstrakten Gefahr sollten die Polizeien auch auf das Waffenregister zugreifen können und die Pflicht zur Begründung von Ermittlungsersuchen sollte entfallen. Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz in seiner 175. Sitzung am 26. April 2012 mit einigen Maßgaben beschlossen. Den Wünschen nach Klarstellung des Bundesrates ist der Deutsche Bundestag nachgekommen. Des Weiteren hat er auch nicht an der Pflicht zur Begründung von Ermittlungsersuchen festgehalten. Jedoch wird gefordert, dass der Verwendungszweck des Ermittlungsersuchens anzugeben ist und die ersuchende Stelle den Grund hierfür aktenkundig zu machen hat. Der Zugriff der Polizeien auf das Waffenregister im Falle einer abstrakten Gefahr wurde weder als zulässig noch als erforderlich angesehen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung könne aufgrund einer abstrakten Gefahr nicht eingeschränkt werden. In diesem Fall sei auch der Zugriff auf das Waffenregister grundsätzlich wegen der noch fehlenden persönlichen Daten nicht möglich und auch nicht erforderlich.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfahl dem Bundesrat, dem Gesetz zuzustimmen.

Behandlung im Plenum:
Mit den Stimmen Niedersachsens ist der Bundesrat der Ausschussempfehlung gefolgt und hat dem Gesetz zugestimmt.


Zu TOP 7
Gesetz zur Änderung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes
BR-Drs. 295/12

Wesentlicher Inhalt:
Die Stromerzeugung von hocheffizienten KWK-Anlagen wird derzeit im Rahmen des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) durch umlagenfinanzierte Zuschläge auf den marktmäßigen Strompreis bei einer Modernisierung und dem Neubau von Anlagen gefördert. Auch der Neu- und Ausbau von Wärmenetzen wird durch das KWKG umlagenfinanziert gefördert. Zur Schaffung weiterer Investitionsanreize sieht das Gesetz nun eine Vielzahl von Maßnahmen vor. Die Fördersätze für Investitionen in Wärmenetze werden erhöht, wovon insbesondere kleine Wärmenetze profitieren. Die Wärme- bzw. Kältenetzförderung wird auf Wärme- bzw. Kältespeicher ausgedehnt. Neu in die Förderung aufgenommen werden nachgerüstete KWK-Anlagen mit einer elektrischen Leistung über 2 Megawatt, was insbesondere auf konventionelle Kondensationskraftwerke bzw. industrielle Kondensationsanlagen zielt, die durch Nachrüsten einer Wärmeauskopplung zu hocheffizienten KWK-Anlagen umgebaut werden. Für neue und modernisierte KWK-Anlagen, die unter den Emissionshandel fallen, wird zudem ein erhöhter Fördersatz eingeführt, der ab 2013 die zusätzlichen Belastungen durch den Emissionshandel ausgleichen soll. Kleinst-KWK-Anlagen und Brennstoffzellenanlagen (bis 2 Kilowatt elektrische Leistung) können optional eine pauschalierte Zahlung ihrer Zuschläge gegenüber einer jährlichen Abrechnung wählen. Verwaltung und Abwicklung sollen insbesondere bei den Wärme-/Kältenetzen vereinfacht werden, u.a. ist vorgesehen, Mitteilungspflichten insbesondere bei kleinen KWK-Anlagen (bis 50 kWel) zu vereinfachen, verlängerte Antragsfristen bei der Netzförderung einzurichten und vom Betreiber beauftragte Dritte zur Abwicklung von Nachweispflichten zu ermächtigen. Eine weitere Überprüfung des KWKG wird für 2014 festgeschrieben. Gegenüber dem Gesetzentwurf hat der Bundestag u.a. folgende Änderungen beschlossen, dabei die Forderungen des Bundesrates aus dem ersten Durchgang aber kaum berücksichtigt:

  • Die Zuschläge für Neuanlagen werden über alle Leistungsgruppen um 0,3 ct/kWh erhöht.
  • Kleinen KWK-Anlagen bis 50 kWel wird ein Wahlrecht bezüglich der Förderdauer eingeräumt, sie können zwischen der bisherigen Zuschlagszahlung über 10 Jahre bzw. 30.000 Vollbenutzungsstunden wählen.
  • Es wird eine neuen Leistungsklasse eingeführt für Anlagen von 50 bis 250 kWel - mit Zuschlagssätzen für diesen Leistungsbereich in Höhe von 4 ct/kWh.
  • Die Nachweispflicht bei der neu eingeführten optionalen Pauschalförderung für sehr kleine KWK-Anlagen entfällt.
  • Die nach Investitionskosten gestaffelte Förderung modernisierter Anlagen über 50 kWel wird auf Anlagen unter 50 kWel übertragen.
  • Neben der Deckelung von 10 Mio. Euro Förderung je Wärmenetzprojekt wird für kleine Netzbau-/-verdichtungsprojekte eine zusätzliche Förderhöchstgrenze bei 40 Prozent der ansatzfähigen Investitionskosten eingeführt.
  • Es wird eine optionale pauschalierte Förderung für Wärmespeicher bis 50 Kubikmeter Wasseräquivalent eingeführt. Für kleinere Speicher (bis 5 Kubikmeter) soll zudem eine vereinfachte Zulassung durch Allgemeinverfügung ermöglicht werden.
  • Die vom Bundesrat vorgeschlagene vereinfachte Ermittlung der Wärmeverluste wird übernommen.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Wirtschaftsausschuss und der Umweltausschuss empfahlen dem Bundesrat, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen. Der Umweltausschuss empfahl zudem das Fassen einer Entschließung. So soll die maximale Fördersumme für Wärme-/Kältespeicher in § 7b KWKG von 5 Mio. auf 10 Mio. Euro je Projekt angehoben werden. Außerdem stelle der Bundesrat fest, dass mit dem Verzicht auf KWK-Zuschläge für Anlagen, die aus industrieller Abwärme Strom erzeugen (z.B. mit Hilfe von ORC-Anlagen), große Abwärmemengen für die Stromerzeugung weiterhin ungenutzt bleiben dürften. Der Bundesrat bedauere auch, dass kein Technologiebonus für Brennstoffzellen als KWK-Anlagen gewährt wird. Dieser hätte zu einer Marktdurchdringung und zu Skaleneffekten beitragen und somit dieser besonders effizienten Technologie zum Durchbruch verhelfen können. Ferner soll der Bundesrat die Bundesregierung auffordern zu prüfen, inwieweit die genannten Technologien nicht doch noch bei einer zukünftigen Änderung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes berücksichtigt oder in Förderprogramme integriert werden können, um die damit verbundenen Energieeffizienzpotenziale auszuschöpfen.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat das Gesetz gebilligt und die empfohlene Entschließung gefasst.

Zu TOP 10
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes
- Antrag des Landes Niedersachsen -
BR-Drs. 333/12

Wesentlicher Inhalt:
In der Bundesrepublik Deutschland halten sich zahlreiche illegal eingereiste Ausländer auf, zum Teil seit vielen Jahren. Bei ca. 60.000 Personen liegt die Dauer des geduldeten Aufenthalts bei über sechs Jahren. Sie kommen der bestehenden Verpflichtung, Deutschland zu verlassen, aus den unterschiedlichsten Gründen nicht nach; die zwangsweise Beendigung des Aufenthalts kann ebenfalls nicht durchgesetzt werden. In diesen Fällen muss eine Duldung erteilt und - solange die Situation unverändert bleibt - immer wieder verlängert werden. Im Ergebnis führt dies zu einer Aneinanderreihung von Duldungen (Kettenduldungen). Das Aufenthaltsgesetz sieht bislang keine stichtagsunabhängige Regelung vor, um Integrationsleistungen, die trotz geduldeten Aufenthaltes erreicht worden seien, durch Erteilung eines gesicherten Aufenthaltsstatus zu honorieren. Mit dem Gesetzesantrag soll daher die Möglichkeit geschaffen werden, dem geduldeten Ausländer bei bestimmten bereits erbrachten Integrationsleistungen und nach mindestens vierjährigem Aufenthalt in Deutschland einmalig eine zweijährige Duldung zu gewähren, die dem Ausländer ermöglicht, einen gesicherten Aufenthaltsstatus zu erlangen. In der Zeit der zweijährigen Duldung soll sich der geduldete Ausländer u. a. verpflichten, seine Deutschkenntnisse zu verbessern und seine wirtschaftliche Integration durch eigene Erwerbstätigkeit zu sichern (Integrationsvereinbarung). Im Zeitraum dieser Duldung soll die Erwerbstätigkeit erlaubt werden. Erfüllt der Ausländer diese Voraussetzungen und insbesondere die in der Integrationsvereinbarung festgelegten Eckpunkte seiner (weiteren) wirtschaftlichen und sozialen Integration, so soll ihm - bei positiver Gesamtprognose - im Anschluss an die zweijährige Duldung zunächst für ein Jahr eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Erteilung der Duldung setzt allerdings weiter voraus, dass der Ausländer nicht oder nicht mehr über seine Identität täuscht und seinen Mitwirkungspflichten bei der Passbeantragung nachkommt.

Behandlung im Plenum:
Minister Schünemann warb nachhaltig für die niedersächsische Initiative: sie gewähre geduldeten Ausländern ein Bleiberecht unter der Maßgabe „Fordern und Fördern“. Voraussetzung sei vor allem, dass die Betroffenen sich trotz bestehender Ausreiseverpflichtung in besonderem Maße wirtschaftlich und sozial integriert hätten. Wer allerdings bei Aufdeckung falscher Identitäten seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei und zudem in erheblichem Umfang öffentliche Sozialleistungen bezogen habe, der werde auch in Zukunft nicht begünstigt. Das gelte auch für jene Betroffenen, die Kontakte zu extremistischen Organisationen hätten; diese Personen seien von der Erteilung einer Duldung oder Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Niedersachsens Initiative sei unter zwei Gesichtspunkten bedeutsam: erstens könne das Problem der so genannten Kettenduldung eingedämmt werden und zweitens werde ein Anreiz geschaffen, Fehlverhalten zu korrigieren und sich rechtskonform zu verhalten. Der Präsident des Bundesrates hat die Vorlage den Ausschüssen zur weiteren Beratung zugewiesen.

Zu TOP 21
Entwurf eines Gesetzes zur Einrichtung einer Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas
BR-Drs. 253/12

Wesentlicher Inhalt:
Das Artikelgesetz, mit dem das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und das Energiewirtschaftsgesetz geändert werden, setzt die EU-Verordnung Nr. 1227/2011 (REMIT) um. Ziel des Gesetzes ist es, eine transparente und wettbewerbskonforme Preisbildung bei der Vermarktung und beim Handel mit Elektrizität und Gas auf der Großhandelsstufe sicherzustellen sowie die Preisbildung bei Kraftstoffen im Hinblick auf ihre Wettbewerbskonformität zu beobachten. Eine zentrale behördliche und laufende Marktbeobachtung soll die Aufdeckung und Sanktionierung von Kartellrechtsverstößen erleichtern. Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen soll für den Strom- und Gasbereich zudem die Durchführung der REMIT-Verordnung gewährleisten, die Insiderhandel und Marktmanipulation verbietet und die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, Sanktionen für Verstöße gegen die Verordnung festzulegen. Die neu zu schaffende Markttransparenzstelle wird an das Bundeskartellamt angegliedert. Festgestellte Anhaltspunkte für Verstöße soll die Markttransparenzstelle an die zuständige Kartellbehörde weiterleiten.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Wirtschaftsausschuss wie auch der Verbraucher- und der Verkehrsausschuss empfahlen dem Bundesrat die Feststellung, dass die Regelungen des Gesetzentwurfs zur Marktbeobachtung im Kraftstoffsektor (§ 47k GWB) hinter den Forderungen des Bundesrats-Beschlusses vom 30.03.2012 (BR-Drs. 870/11) zu fairen und transparenten Preisen bei Kraftstoffen zurückblieben. Weder die geforderte Einrichtung einer Datenbank im Internet noch die Preiserhöhungsbremse seien im Gesetzentwurf enthalten. Die Ausschüsse empfahlen dem Bundesrat daher, seine Forderung zu bekräftigen, im Internet eine für Jedermann zugängliche Datenbank einzurichten, in die die Mineralölkonzerne und Tankstellenbetreiber jede Preisänderung unverzüglich einstellen müssen. Gemäß einem Antrag Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens empfahl der Wirtschaftsausschuss dem Bundesrat zudem festzustellen, dass eine Beobachtung der Preisbildung auf den Kraftstoffmärkten nur zusammen mit einer gesetzlich geregelten Benzinpreisbremse die gewünschten Wirkungen erzielen könne. Die Regelungen zur Marktbeobachtung im Kraftstoffbereich müssten um eine gesetzlich normierte Benzinpreisbremse ergänzt werden. Hierzu solle (in Anlehnung an das west-australische Modell) eine Regelung geschaffen werden, nach der die Tankstellenbetreiber ihre Preise zu einem bestimmten Zeitpunkt der Markttransparenzstelle melden müssen, die dann ab einem bestimmten Zeitpunkt des Folgetages im Internet veröffentlicht werden und für 24 Stunden ihre Gültigkeit behalten. Wegen der Besonderheiten des deutschen Marktes solle geprüft werden, ob die Betreiber kleiner und mittlerer freier Tankstellen vom Adressatenkreis der Benzinpreisbremse ausgenommen werden müssen. Für diesen Fall sollten sie aber die Möglichkeit erhalten, sich freiwillig den Regelungen zur Benzinpreisbremse zu unterwerfen.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens die von den Ausschüssen empfohlene Stellungnahme abgegeben.

Zu TOP 22
Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 21. September 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutsch und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt in der Fassung vom 5. April 2012
BR-Drs. 254/12

Wesentlicher Inhalt:
Ziel des Steuerabkommens mit der Schweiz ist es, eine effektive Besteuerung von in der Schweiz befindlichen Vermögenswerten deutscher Steuerpflichtiger sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft zu erreichen. Zudem wird ein über den OECD-Standard hinausgehender erweiterter Informationsaustausch in Steuersachen vereinbart, der sicherstellen soll, dass unversteuerte Kapitalanlagen künftig einem nicht kalkulierbaren Entdeckungsrisiko unterliegen. In seinen Kernelementen sieht das Abkommen Folgendes vor:

  • Unversteuerte Vermögenswerte deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz werden mit einem Steuersatz von 21 bis 41 Prozent rückwirkend für zehn Jahre durch Einmalzahlung anonym nachversteuert und der Ertrag an Deutschland abgeführt. Die Einmalzahlung entfällt, wenn eine betroffene Person ihre schweizerische Zahlstelle ermächtigt, die steuerlich relevanten Informationen an die zuständige deutsche Behörde zu melden. Mit der Nachversteuerung gelten die deutschen Steueransprüche der Vergangenheit als erloschen.
  • Für zukünftig anfallende Erträge und Gewinne aus Vermögenswerten erheben die schweizerischen Zahlstellen anonym eine der deutschen Abgeltungssteuer entsprechende Quellensteuer von 25 Prozent zuzüglich des Solidaritätszuschlags auf Kapitalerträge und führen diese an Deutschland ab.
  • Für nach dem Inkrafttreten des Abkommens anfallende Erbschaften nehmen die schweizerischen Zahlstellen einen Steuereinbehalt von 50 Prozent vor und leiten diesen Betrag an die deutsche Finanzverwaltung weiter, es sei denn, die Erben stimmen einer Meldung des Vermögens zu.
  • Ergänzend zu der Möglichkeit, Auskunftsersuchen nach dem OECD- Musterabkommen zu stellen, können deutsche Finanzbehörden zur Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben des Steuerpflichtigen in seiner Steuererklärung bis maximal 1.300 Auskunftsersuchen jeweils für einen Zweijahreszeitraum stellen. Die Angabe der schweizerischen Zahlstelle ist hierbei abweichend vom Musterabkommen nicht erforderlich, d.h. es werden alle geführten Konten und Depots bei einem Ersuchen mitgeteilt. Zudem ist die Anlassschwelle niedriger.

Das Abkommen soll am 01. Januar 2013 in Kraft treten. Bezogen auf die Nachversteuerung leistet die Schweiz eine garantierte Vorauszahlung in Höhe von 2 Mrd. CHF. Die Bundesregierung geht allerdings von der Annahme aus, dass die Nachversteuerung insgesamt zu Einnahmen von etwa 10,8 Mrd. Euro führen könnte, wovon rund 600 Mio. Euro allein auf Niedersachsen entfallen würden. Bei der Verteilung der Einnahmen zwischen Bund und Ländern im Rahmen der Nachversteuerung wurde die von Niedersachsen in den Verhandlungen mit dem Bund vertretene Auffassung, dass bei der Verteilung der Einmalzahlungen den Ländern gegenüber dem Bund für die abgegoltene Erbschaftssteuer ein höherer Anteil zufließen müsse, vollumfänglich im Gesetzentwurf berücksichtigt. Im Ergebnis bekäme der Bund damit insgesamt nur gut 30 Prozent des Aufkommens aus der Nachversteuerung, die Länder und Kommunen erhielten dagegen zusammen etwa 70 Prozent.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Finanzausschuss und der Rechtsausschuss empfahlen jeweils eine kritische Stellungnahme zum Gesetzentwurf, die in beiden Ausschüssen von Niedersachsen nicht unterstützt wurde. Im Wirtschaftsausschuss kam keine Empfehlung zustande.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat keine Stellungnahme abgegeben. Ein im Plenum gestellter Antrag, der von Niedersachsen als Mitantragsteller unterstützt wurde, fand ebenfalls keine Mehrheit. Darin wurde das Steuerabkommen ausdrücklich begrüßt und die Vorteile der pauschalen Nachversteuerung sowie der künftigen Besteuerung von Kapitalanlagen in der Schweiz als ein wesentlicher Beitrag zur Steuervereinfachung, zur Steuergerechtigkeit und zur Verstetigung der Steuereinnahmen betont. Für das Votum, keine Einwendungen zum Gesetzentwurf zu beschließen, hat sich ebenfalls keine Mehrheit ergeben.

Zu TOP 61
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes
- Antrag des Landes Niedersachsen -
BR-Drs. 342/12

Wesentlicher Inhalt:
Der Gesetzentwurf dient der Vermeidung von Härtefällen bei der Aufnahme von Angehörigen von Spätaussiedlern. Bisher können Angehörige von Spätaussiedlern in den Aufnahmebescheid nur dann aufgenommen werden, wenn sie Grundkenntnisse der deutschen Sprache nachweisen. In der Verwaltungspraxis hat sich jedoch gezeigt, dass das Festhalten an dieser Voraussetzung eine unbillige Härte darstellt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Ehegatte oder Abkömmling aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder in einem vergleichbaren Fall nicht in der Lage ist, die erforderlichen Grundkenntnisse der deutschen Sprache zu erwerben. Es ist nicht hinnehmbar, dass Spätaussiedlerfamilien nur deswegen getrennt bleiben oder werden, weil ein Familienmitglied aus besonderen Gründen nicht in der Lage ist, die geforderten Deutschkenntnisse zu erwerben. Körperliche, seelische oder geistige Krankheiten, Alter oder Gebrechlichkeit sowie Lernschwäche oder Bildungsferne können künftig Gründe für die Nutzung einer erweiterten Härtefallregelung sein. Mit der beabsichtigten Ausnahmeregelung im Bundesvertriebenenrecht wird die Möglichkeit geschaffen, humanitäre Lösungen für die Zusammenführung getrennter Spätaussiedlerfamilien zu finden. Damit reagiert die Landesregierung auf eine Vielzahl von Eingaben, in denen Betroffene solche Härtefälle vorgetragen hatten. Die niedersächsische Initiative schafft für den Ehegattennachzug von Spätaussiedlern im Bundesvertriebenengesetz eine Härteklausel, welche mit der bereits bestehenden Regelung im Aufenthaltsgesetz für Ausländer vergleichbar ist. Die vorgeschlagene Härtefallregelung soll es ermöglichen, die Familien von Spätaussiedlern mit ihren Ehegatten und Kindern künftig leichter zusammenzuführen. Bundesweit könnten bis zu 1.000 Personen von der beabsichtigten Änderung im Vertriebenenrecht begünstigt werden.

Behandlung im Plenum:
Minister Schünemann betonte in seiner Rede, für nachziehende Familienmitglieder von Spätaussiedlern bleibe es grundsätzlich bei der Erfordernis ausreichender Kenntnis der deutschen Sprache. Es habe sich jedoch in der Praxis gezeigt, dass ein striktes Festhalten an den geforderten Sprachkenntnissen - als Voraussetzung der Familienzusammenführung - aus humanitären Gründen nicht vertretbar sei. Die vorgeschlagene Neuregelung sei nicht mehr und nicht weniger als eine Ausnahmeklausel. Sie diene dazu, unbillige Härten abzustellen und dauerhafte Familientrennungen zu vermeiden. Der Präsident des Bundesrates hat die Vorlage zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.


Zu TOP 62
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds, für die der Gemeinsame Strategische Rahmen gilt, sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006
- Antrag aller Länder -
BR-Drs. 629/11

Wesentlicher Inhalt:
Der von der Europäischen Kommission vorgelegte Verordnungsentwurf enthält den Gemeinsamen Strategischen Rahmen (GSR) für den Einsatz der Europäischen Fonds in der Förderperiode 2014 bis 2020. Der Entwurf regelt - gemeinsam für alle im Titel genannten Strukturfonds - die Grundsätze der Unterstützung, ein gemeinsames Zielesystem für die strategische Planung, das sich an der Strategie „Europa 2020“ orientiert, sowie einen gemeinsamen Ansatz für eine stärkere Leistungsorientierung der Förderpolitik. Letzterer regelt Konditionalität, Monitoring, Berichterstattung und Evaluierung. Um die Wirkung der Finanzmittel in den Fonds im Sinne der Strategie „Europa 2020“ zu maximieren, schlägt die Europäische Kommission Folgendes vor:

  • einen stärker integrierten Ansatz, um die Fonds auf kohärente Ziele auszurichten;
  • „Partnerschaftsvereinbarungen“, in denen die Europäische Kommission mit den Mitgliedstaaten Zielvorgaben vereinbart;
  • Die Förderung davon abhängig zu machen („Konditionalität“), dass der Mitgliedstaat die von der Kommission für erforderlich gehaltenen Reformen der Wirtschafts- und Sozialpolitik durchführt bzw. europäisches Recht umsetzt;
  • eine leistungsgebundene Mittelreserve einzurichten, die denjenigen Staaten ausgeschüttet wird, die ihre Zielvorgaben (nach Kommissionsmeinung) am besten erreicht haben.

Der Bundesrat hatte zu diesem Kommissionsvorschlag bereits am 16. Dezember 2011 ausführlich (32 Seiten) Stellung genommen (BR-Drs. 629/11 (Beschluss)). Er hat viele Vorschläge der Kommission als zu stark in die Gestaltungsmöglichkeiten der Länder eingreifend und überbordend bürokratisch zurückgewiesen. Zu neuerlicher Befassung mit dem Vorgang und Beschluss einer zweiten Stellungnahme in der aktuellen Sitzung sah sich der Bundesrat durch den aktuellen Verhandlungsstand in Brüssel veranlasst. In seiner hier relevanten zweiten Stellungnahme zum Vorschlag fordert der Bundesrat, dass ggf. nötige Kürzungen des mehrjährigen Finanzrahmens nicht überproportional bei den Strukturfondsmitteln ansetzen und nicht einseitig zulasten des Sicherheitsnetzes für ehemalige Konvergenz- und Phasing-out-Regionen gehen dürfen. Vor allem aber betont der Bundesrat noch einmal die Notwendigkeit, die Balance zwischen der europäischen Steuerung und dem Entscheidungsspielraum der Regionen zu wahren. Vor diesem Hintergrund lehnt er noch einmal ausdrücklich die folgenden Elemente des Kommissionsvorschlags ab:

  • (i) die Bindung der nationalen und regionalen Programmierung an die länderspezifischen Empfehlungen (der Kommission) für Mitgliedstaaten;
  • (ii) die Partnerschaftsvereinbarungen als Instrument, Reformprogramme über Mittelkürzungen durchzusetzen;
  • (iii) die länderspezifischen Empfehlungen als Grundlage für die inhaltliche Ausgestaltung der Operationellen Programme;
  • (iv) die Einschränkung der rechtlichen Verbindlichkeit der Fondsverordnungen durch den Gemeinsamen Strategischen Rahmen;
  • (v) die Einrichtung einer leistungsgebundenen Reserve.

Der Bundesrat setzt sich für eine flexible Ausgestaltung der integrierten Ansätze mit der Möglichkeit der Bündelung unterschiedlicher Maßnahmen in einer „Mischachse“ ein. Er spricht sich für die Beibehaltung des etablierten und bewährten Verwaltungs- und Kontrollsystems aus, er lehnt in diesem Zusammenhang das neue Akkreditierungssystem, den geplanten jährlichen Rechnungsabschluss und die vorgesehenen finanziellen Sanktionen ab. Der Bundesrat betont noch einmal ausdrücklich, dass die nicht erstattungsfähige Mehrwertsteuer eine zuwendungsfähige Ausgabe bleiben muss.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der Entwurf zur hier relevanten Stellungnahme des Bundesrates wurde als gemeinsamer Plenarantrag (BR-Drs. 365/12) aller Länder, ohne vorherige Befassung der Ausschüsse, eingebracht. Er basiert auf einem einstimmig gefassten Beschluss der Europaministerkonferenz der Länder.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat einstimmig entschieden, in der Sache sofort zu entscheiden. Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens beschlossen, zu den Gesetzentwürfen Stellung zu nehmen.


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Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Herr Rüdiger Jacobs

Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund
In den Ministergärten 10
10117 Berlin
Tel: 030/72629-1700
Fax: 030/72629-1702

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