Niedersachsen klar Logo

Die Ukraine und ihre EU-Beitrittsperspektiven

Bildrechte: Grecaud Paul - Fotolia.com

Jeder Staat in Europa, der die in Artikel 2 des EU-Vertrags genannten Werte der EU – das sind die Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte anerkennt und fördert – hat das Recht, einen Beitrittsantrag zu stellen. So steht es in Artikel 49 des EU-Vertrags, der das Beitrittsverfahren beschreibt. Die sogenannten Kopenhagener Beitrittskriterien sehen Näheres vor, u. a. muss auch die EU aufnahmebereit sein. Liegt ein Beitrittsantrag vor, legt die EU-Kommission eine Bewertung dazu vor. Das Europaparlament muss mit Mehrheit dafür stimmen. Daneben bedarf es der einstimmigen Zustimmung der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, damit ein beitrittswilliges Land, wie die Ukraine, tatsächlich zum Beitrittskandidaten wird.

Im Fall der Ukraine hat das Land kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar 2022 den Antrag auf Aufnahme in die EU gestellt. Am 23. Juni 2023 wurde ihr von den Mitgliedstaaten der EU einstimmig den Status eines Beitrittskandidaten zuerkannt. Dies ist ein einmaliger Vorgang, aufgrund der Tatsache, dass sich die Ukraine gegenwärtig immer noch im Krieg befindet. Beim Europäischen Rat am 14./15.12.2023 beschlossen die EU-Staats- und Regierungschefs, Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine aufzunehmen.

Jedoch dauern Aufnahmeverfahren Jahre und die Ukraine erfüllt längst nicht alle Kriterien für einen Beitritt. Größere Anstrengungen sieht die Europäische Kommission vor allem noch in den Bereichen bei der Aufstockung von Personal des Nationalen Antikorruptionsbüros und die Stärkung der Nationalen Agentur für Korruptionsprävention. Außerdem fehlt noch ein Gesetz zur Kontrolle von Lobbyismus.

Dennoch sind Fortschritte zu verzeichnen: So hat die Europäische Kommission Anfang November 2023 im Zuge des Erweiterungspaketes 2023 eine detaillierte Bewertung des Sachstands und des jährlichen Fortschritts dem Rat – also den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, vorgelegt. Darin empfiehlt die Kommission den Mitgliedstaaten die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine. Im nächsten Schritt müssen die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten den Empfehlungen der Kommission zustimmen.

Und auch wenn die Ukraine mit der Empfehlung der Europäischen Kommission dem Beitritt einen Schritt näher gerückt ist – bis es womöglich dazu kommt, wird es noch Jahre dauern.

Die Möglichkeit, den Beitrittsprozess zu „überspringen“ und etwa die Ukraine sofort als Mitglied aufzunehmen ist nach allgemeiner Einschätzung nicht realistisch.

Die EU steht auch unabhängig von einer zeitnahen EU-Mitgliedschaft an der Seite der Ukraine. Das am 01.09.2017 in Kraft getretene Assozierungsabkommen mit ihrer vertieften und umfassenden Freihandelszone ist bereits ein wichtiges Instrument für die politische Annäherung zwischen der Ukraine und der EU. Verschiedene Regelungen in der Ukraine sollen schrittweise, mit Unterstützung der EU, an die Standards der EU angepasst werden. Es fördert die wirtschaftlichen Bindungen zwischen der EU und der Ukraine sowie die Achtung gemeinsamer europäischer Werte, aber auch eine enge Kooperation in der Außenpolitik und in Justiz- und Grundrechtsfragen. Seit 2014 haben die EU und Finanzinstitute über 17 Mrd. Euro an Zuschüssen und Darlehen mobilisiert, um Reformen zu unterstützen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
14.03.2022
zuletzt aktualisiert am:
02.04.2024

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln