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844. Sitzung des Bundesrates am 23. Mai 2008

Aus niedersächsischer Sicht waren folgende Tagesordnungspunkte von besonderer Bedeutung:


TOP 1a)
Gesetz zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007
BR-Drs. 275/08


i.V.m.

TOP 1b)
Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 23, 45 und 93)
BR-Drs. 276/08


i.V.m.

TOP 1c)
Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des
Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union
BR-Drs. 277/08



TOP 2
Gesetz zur Änderung des Stammzellgesetzes
BR-Drs. 278/08


TOP 6a)
Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher und anderer Vorschriften
(Wehrrechtsänderungsgesetz 2008 - WehrRÄndG 2008)
BR-Drs. 282/08


TOP 8
Gesetz zur Neuregelung des Wohngeldrechts und zur Änderung anderer
wohnungsrechtlicher Vorschriften
BR-Drs. 284/08


TOP 14
Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung
- Antrag der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Sachsen -
BR-Drs. 304/08


TOP 16
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Bau und den Betrieb von Versuchsanlagen zur Erprobung von Techniken für den spurgeführten Verkehr
- Antrag des Landes NI -
BR-Drs. 271/08


TOP 17
Entwurf eines Gesetzes zur Sicherstellung von Eisenbahninfrastrukturqualität und
Fernverkehrsangebot
- Antrag des Landes ST -
BR-Drs. 315/08


TOP 23
Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten Einbeziehung der selbstgenutzten Wohnimmobilie in die geförderte Altersvorsorge (Eigenheimrentengesetz - EigRentG)
BR-Drs. 239/08


TOP 29
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates
betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel
BR-Drs. 111/08



TOP 43a)
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches
Sozialgesetzbuch
- Antrag des Landes Rheinland-Pfalz -
BR-Drs. 676/07


i.V.m.

TOP 43b)
Entschließung des Bundesrates zur Berücksichtigung des kinderspezifischen Bedarfs bei der Bemessung der Regelleistungen nach dem SGB II und SGB XII
- Antrag der Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen -
BR-Drs. 329/08






Zu TOP 1a)
Gesetz zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007
BR-Drs. 275/08


i.V.m.

Zu TOP 1b)
Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 23, 45 und 93)
BR-Drs. 276/08


i.V.m.

Zu TOP 1c)
Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des
Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union
BR-Drs. 277/08



Wesentlicher Inhalt:

Der Bundesrat hat am 23. Mai 2008, dem Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes, über eine der wesentlichsten Reformen der Europäischen Union entschieden. Durch das Gesetz zum Vertrag von Lissabon (TOP 1a), die Änderung des Grundgesetzes (TOP 1b) und das Begleitgesetz (TOP 1c) werden die von deutscher Seite erforderlichen Voraussetzungen für die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon geschaffen, den die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union am 13. Dezember 2007 unterzeichnet hatten.

Nach Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten soll der Vertrag von Lissabon am 1. Januar 2009, spätestens jedoch rechtzeitig vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2009, in Kraft treten. Derzeit plant nur Irland ein Referendum.

Der Vertrag von Lissabon (TOP 1a) gibt der Europäischen Union ein neues Fundament. Wesentliche Punkte des Vertrages sind:

- Die nationalen Parlamente - und damit Bundestag und Bundesrat - werden durch das Subsidiaritäts-Frühwarnsystem und durch das Klagerecht zum EuGH bei Verstößen von EU-Rechtsakten gegen das Subsidiaritätsprinzip gestärkt.
- Der Europäische Rat erhält den Status eines Organs der Europäischen Union. Der künftige Präsident wird für 2,5 Jahre gewählt.
- Das Europäische Parlament wird gestärkt (Mitentscheidung als Regelfall, Ausweitung der Haushaltsbefugnisse, Wahl des Kommissionspräsidenten). Die Höchstzahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments wird auf 751 festgelegt.
- Die Größe der Kommission wird auf zwei Drittel der Zahl der Mitgliedstaaten ab November 2014 begrenzt.
- Der Ausschuss der Regionen erhält ebenfalls ein Klagerecht bei Verletzung seiner Mitwirkungsrechte oder des Subsidiaritätsprinzips.
- Ab dem 1. November 2014 wird die qualifizierte Mehrheit als sog. doppelte Mehrheit berechnet werden. Danach kommt eine Entscheidung im Rat zustande, wenn 55% der Staaten, die gleichzeitig 65% der Bevölkerung der Europäischen Union vertreten, zustimmen. Die Zahl der zustimmenden Mitgliedsstaaten muss mindestens 15 betragen.
- Die Grundrechtecharta, die nicht Teil des Vertragstextes ist, wird durch einen Verweis rechtsverbindlich.
- Die Kompetenzabgrenzung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten wird durch Einführung von drei Kompetenzkategorien verbessert.
- Unionsbürgerinnen und –bürgern ist es künftig möglich, die Kommission zur Vorlage von Rechtsetzungsvorschlägen aufzufordern.
- Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik wird gestärkt.

Unter TOP 1b wurde die dazugehörige Änderung der Artikel 23, 45 und 93 GG beraten, mit der folgende Regelungen verfassungsrechtlich abgesichert werden:
- die Ausgestaltung des Subsidiaritätsklagerechts des Bundestages als Minderheitenrecht,
- die zum Teil vorgesehenen qualifizierten Mehrheitserfordernisse für Bundestag und Bundesrat bei den Regelungen zur Brückenklausel,
- die Möglichkeit zur Ermächtigung des EU-Ausschusses des Bundestages zur Wahrnehmung der Rechte des Bundestages aus dem Vertrag von Lissabon.
Dazu wird ein neuer Absatz 1a in Artikel 23 GG eingefügt. Artikel 45 GG wird ergänzt um die Befugnis des Bundestages, den EU-Ausschuss zur Wahrnehmung der Rechte zu ermächtigen. In Artikel 93 GG werden die Vorschriften für Normenkontrollanträge angepasst.

Das unter TOP 1c stehende Begleitgesetz regelt die gesetzliche innerstaatliche Umsetzung für die Wahrnehmung der den nationalen Parlamenten - also in Deutschland Bundestag und Bundesrat - durch den Vertrag von Lissabon neu eingeräumten Rechte der Subsidiaritätsrüge, der Subsidiaritätsklage sowie des Vetos gegen die Inanspruchnahme der Brückenklauseln.


Behandlung in den Ausschüssen:

Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union hat eine kurze Entschließung gefasst, in der das Reformvorhaben erneut begrüßt wird.


Behandlung im Plenum:

In namentlicher Abstimmung verabschiedete der Bundesrat das Gesetz zum Vertrag von Lissabon (TOP 1a) mit der erforderlichen 2/3-Mehrheit. Einzig das Land Berlin enthielt sich.
Der Bundesrat hat ferner mit den Stimmen Niedersachsens die Entschließung gefasst.
Der Änderung des Grundgesetzes (TOP 1b) und dem Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union (TOP1c) stimmten alle Länder zu.

Der Bundestag hatte das Reformvorhaben bereits am 24. April 2008 mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit verabschiedet, so dass das Ratifizierungsverfahren in Deutschland nunmehr abgeschlossen ist.



Zu TOP 2
Gesetz zur Änderung des Stammzellgesetzes
BR-Drs. 278/08



Wesentlicher Inhalt:

Der Deutsche Bundestag hat im April 2002 mit großer Mehrheit das Gesetz zur Sicherstellung des Embryonenschutzes im Zusammenhang mit Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen (Stammzellgesetz-StZG) beschlossen. Hierbei hat er die Einfuhr und die Forschung mit embryonalen Stammzellen unter der Voraussetzung zugelassen, dass die menschlichen embryonalen Stammzellen in Übereinstimmung mit der Rechtslage im Herkunftsland dort vor dem 1. Januar 2002 (Stichtag) gewonnen wurden. Außerdem prüfen die Genehmigungsbehörde (Robert-Koch-Institut) sowie die zentrale Ethikkommission für Stammzellforschung jedes zur Genehmigung eingereichte Forschungsprojekt dahin gehend, ob es hochrangige Forschungsziele verfolgt, ob die im Forschungsvorhaben vorgesehenen Fragestellungen soweit möglich mit anderen Methoden, z.B. im Tierversuch, vorgeklärt wurden und ob der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn sich voraussichtlich nur mit embryonalen Stammzellen erreichen lässt.

Von den betroffenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist darauf hingewiesen worden, dass sich seit der Verabschiedung des Gesetzes die Zahl der vor dem 1. Januar 2002 hergestellten und für die Wissenschaft verfügbaren Zellen erheblich verringert habe.

Der Deutsche Bundestag hat das Erfordernis einer Novellierung des Stammzellgesetzes im April 2008 umfassend beraten. Vier Gesetzentwürfe und ein Antrag jeweils als fraktionsübergreifende Gruppeninitiativen sind vorgelegt worden.

In namentlicher Abstimmung und ohne Fraktionszwang votierten 346 Abgeordnete für eine einmalige Verschiebung des Stichtages. Dagegen stimmten 228 Abgeordnete, 6 enthielten sich.
Die Grundausrichtung des Gesetzes bleibt erhalten. Es bleibt gewährleistet, dass von Deutschland aus nicht die Gewinnung embryonaler Stammzellen oder eine Erzeugung von Embryonen zu diesem Zweck veranlasst wird.

Außerdem wird klargestellt, dass die Geltung des Stammzellgesetzes insgesamt auf das Inland beschränkt ist. Die Strafandrohung erfasst künftig nur die Verwendung embryonaler Stammzellen, die sich im Inland befinden.


Behandlung in den Ausschüssen:

Der federführende Ausschuss für Kulturfragen, der Gesundheitsausschuss, der Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfahlen dem Bundesrat, einen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses nicht zu stellen.

Allen Ausschüssen lag ein Antrag Bayerns vor, der erfolglos geblieben ist. Danach sollte dem Bundesrat empfohlen werden, die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen. Der Antrag verfolgte die Streichung der Stichtagsverschiebung, da zu befürchten sei, dass es immer leichter werde, den Schutz des ungeborenen Lebens noch weiter auszuhöhlen. Um das christliche Menschenbild und die Unantastbarkeit des Lebensrechts embryonaler Menschen ausreichend zu schützen, dürfe die Forschung mit embryonalen Stammzelllinien nicht ausgeweitet werden.


Behandlung im Plenum:

Der Bundesrat hat die Anrufung des Vermittlungsausschusses abgelehnt.



Zu TOP 6a)
Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher und anderer Vorschriften
(Wehrrechtsänderungsgesetz 2008 - WehrRÄndG 2008)
BR-Drs. 282/08



Wesentlicher Inhalt:

Das Einspruchsgesetz verbessert zahlreiche wehrrechtliche Bestimmungen von der Erhöhung des Wehrsoldes bis zur schnelleren Heranziehung von Reservisten im Katastrophenfall.

Das Gesetz will für Studenten, die gleichzeitig eine Berufsausbildung und ein Studium absolvieren (sog. dualer Studiengang), die Zurückstellung vom Wehr- und Zivildienst neu regeln. Bislang waren diese Studenten privilegiert: Sie wurden normalen Auszubildenden gleichgestellt und waren damit vom Ausbildungsbeginn an freigestellt; regulär Studierende waren erst ab dem dritten Semester befreit.
Mit der Gesetzesänderung sollen die Möglichkeiten einer Freistellung für Studierende eines dualen Studienganges verändert werden: Die Befreiung soll nur noch bei Regelstudienzeiten von maximal 8 Semestern möglich sein, wenn das Studium drei Monate nach Beginn der Ausbildung beginnt.


Behandlung in den Ausschüssen:

Der federführende Ausschuss für Verteidigungsfragen hatte empfohlen, einen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses nicht zu stellen.

Der Ausschuss für Kulturfragen und der Wirtschaftsausschuss hatten empfohlen, den Vermittlungsausschuss einzuberufen.

Diese Ausschüsse waren der Auffassung, dass die grundsätzliche Gleichbehandlung von Studierenden im dualen System mit Studierenden in regulären Studiengängen sachlich nicht angemessen ist. Studierende in dualen Studiengängen müssten vielmehr durchgehend weiterhin wie andere Auszubildende behandelt werden. Dies hätte zur Folge, dass sie in der Regel erst nach Abschluss der Studien- bzw. Berufsausbildungsphasen einberufen werden können.

Die Regelungen für die dualen Studiengänge seien auch deshalb zu ändern, weil duale Studiengänge u.a. in den Ingenieurwissenschaften angeboten werden. Dies ist einer der Bereiche in Deutschland mit einem großen Fachkräftemangel. Die dualen Studiengänge zu fördern würde also auch bedeuten, etwas gegen den Fachkräftemangel zu unternehmen.


Behandlung im Plenum:

Der Bundesrat hat ohne die Stimmen Niedersachsens den Vermittlungsausschuss angerufen. Der Vermittlungsausschuss wird am 4. Juni 2008 tagen.



Zu TOP 8
Gesetz zur Neuregelung des Wohngeldrechts und zur Änderung anderer
wohnungsrechtlicher Vorschriften
BR-Drs. 284/08



Wesentlicher Inhalt:

Seit der letzten Wohngeld-Leistungsnovelle 2001 sind die sogenannten warmen Nebenkosten um fast 50 Prozent und die Mieten um 10 Prozent gestiegen. Immer mehr Haushalte mit kleinen Erwerbseinkommen beantragen nur wegen ihrer Unterkunftskosten Arbeitslosengeld II, da die Unterkunftskosten dort großzügiger definiert und die angemessenen Heizkosten voll einbezogen sind.
Der Gesetzesbeschluss des Bundestages erhöht über den Regierungsentwurf hinaus die Höchstbeträge für Miete und Belastung um 10 Prozent. Auch die Heizkosten werden in die Miete mit einbezogen.
Ferner ist eine Verwaltungsvereinfachung beabsichtigt (Vollzug, Verständlichkeit, Effizienz).


Behandlung in den Ausschüssen:

Der Ausschuss für Wohnungsbau empfahl, dem Zustimmungsgesetz zuzustimmen.

Im Gegensatz dazu empfahlen der Finanzausschuss und der Ausschuss für Arbeit und Soziales, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um eine Änderung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Grundsicherung und bei Erwerbsminderung zu erreichen. Bisher beteiligt sich der Bund mit 409 Mio. €. Dieser Festbetrag soll durch eine prozentuale Beteiligung ersetzt werden. 20 Prozent der Nettoausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung solle der Bund tragen. Erst dadurch werde er angemessen an den wachsenden Kosten beteiligt.
Die Verteilung der Bundesmittel auf die Länder solle entsprechend dem jeweiligen Anteil an den bundesweiten Nettoausgaben für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erfolgen.
Darüber hinaus empfahl der Finanzausschuss, die in das Gesetz neu eingefügte Heizkostenkomponente wieder zu streichen und das bisherige System (ohne Heizkostenkomponente) beizubehalten. Als Ersatz für die Heizkostenkomponente sollten die allgemeinen Tabellenwerte für das Wohngeld erhöht werden. Die vom Deutschen Bundestag beschlossene Erhöhung des Wohngelds um ca. 30% überzeichne den tatsächlichen Anteil der Heizkostensteigerungen an dem Anstieg der Gesamtbelastung durch die Kosten des Wohnens. Eine Anhebung des durchschnittlichen Wohngelds um etwa 15 Prozent sei ausreichend. Darüber hinausgehende Erhöhungen seien insbesondere unter Berücksichtigung der übermäßigen Belastung der öffentlichen Haushalte nicht zu rechtfertigen.


Behandlung im Plenum:

Der Bundesrat hat beschlossen, zu allen von den Ausschüssen empfohlenen Gründen die Anrufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen. Niedersachsen hat die Anrufung grundsätzlich unterstützt, jedoch die empfohlene Streichung der Heizkostenkomponente abgelehnt.
Der Vermittlungsausschuss wird am 4. Juni 2008 tagen.



Zu TOP 14
Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung
- Antrag der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Sachsen -
BR-Drs. 304/08



Wesentlicher Inhalt:

Gemeinsam mit Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Sachsen hat Niedersachen einen Gesetzentwurf zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung in das Bundesratsverfahren eingebracht.

Mit dem Gesetz soll Gläubigern geholfen werden, ihre berechtigten Forderungen auch gegen solche Schuldner durchzusetzen, die Vermögenswerte nicht freiwillig offenlegen und sich durch häufigen Wohnsitzwechsel ihren Zahlungsverpflichtungen zu entziehen versuchen.

Private Gläubiger sollen die Möglichkeit der Kontenabfrage, der Abfrage bei den Sozialversicherungsträgern und der Abfrage beim Fahrzeugregister erhalten. Dadurch können nicht nur Vermieter, sondern vor allem auch kleine und mittlere Unternehmen, Handwerker und Dienstleister vorhandene Mittel der Schuldner auffinden. Diese Informationsquellen stehen bisher nur öffentlich Gläubigern zur Verfügung.

Zugleich soll das Verfahren zur Abnahme der Selbstauskunft des Schuldners (derzeit "eidesstattliche Versicherung", künftig "Vermögensauskunft") modernisiert werden. Dazu gehört zum einen die Vorverlagerung an den Beginn der Vollstreckung und zum anderen die elektronische Ausgestaltung.

Durch die bundesweite Erteilung von Einzelauskünften aus dem Schuldnerverzeichnis über das Internet werden Defizite beseitigt, die sich bislang bei Wohnsitzwechseln des Schuldners ergeben, da die Verzeichnisse nur in dem jeweiligen Gerichtsbezirk des bekannten Wohnortes des Schuldners einsehbar sind.


Behandlung in den Ausschüssen:

Die Ausschussberatung findet in der 22. Woche statt.


Behandlung im Plenum:

Der Gesetzentwurf wurde im Plenum vorgestellt und an die Ausschüsse zur Beratung überwiesen.



Zu TOP 16
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Bau und den Betrieb von Versuchsanlagen zur Erprobung von Techniken für den spurgeführten Verkehr
- Antrag des Landes NI -
BR-Drs. 271/08



Wesentlicher Inhalt:

Das Versuchsanlagengesetz bildet die Rechtsgrundlage für den Bau und den Betrieb von Anlagen zur Erprobung von Techniken für Schienenfahrzeuge, die vom Bund oder im öffentlichen Interesse von anderen Stellen errichtet und betrieben werden.

Das Gesetz ist auch die Rechtsgrundlage für die Transrapid Versuchsanlage Emsland (TVE). Es trifft keine Regelung über staatliche Überwachungspflichten und -rechte wie zum Beispiel das Atomgesetz oder das Berggesetz. Die Genehmigungsbehörde für die Betriebsvorschrift der TVE hatte deshalb dem Betreiber eigenständig und weitergehend als üblich Überwachungsauflagen erteilt.

Um im Versuchsanlagengesetz Rechtsklarheit zu schaffen, sollen dort Regelungen zur staatlichen Aufsicht über Versuchsanlagen, die von anderen Stellen als dem Bund errichtet und betrieben werden, aufgenommen werden. Damit soll die gesetzliche Regelungslücke geschlossen werden. Die Aufsicht soll dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA) übertragen werden. Gleichzeitig soll das EBA, anstelle der bisher zuständigen Landesbehörden, zur Planfeststellungs- und Genehmigungsbehörde bestimmt werden.


Behandlung in den Ausschüssen:

Die beteiligten Ausschüsse empfahlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf mit einer Änderung einzubringen. Versuchsanlagen zur Erprobung neuer Techniken für Eisenbahnen und Straßenbahnen sollen von der Gesetzesänderung ausgenommen werden. Für Eisenbahnen bestehen sowohl für den Bund als auch für die Länder Kompetenzen. Für Straßenbahnen ist der Bund nicht zuständig. Sofern die Länder diese Anlagen bislang genehmigt haben, sollen sie dies weiterhin tun und die Anlagen künftig auch überwachen.


Behandlung im Plenum:

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens beschlossen, den Gesetzentwurf nach Maßgabe der Ausschussempfehlungen beim Deutschen Bundestag einzubringen.



Zu TOP 17
Entwurf eines Gesetzes zur Sicherstellung von Eisenbahninfrastrukturqualität und
Fernverkehrsangebot
- Antrag des Landes ST -
BR-Drs. 315/08



Wesentlicher Inhalt:

Gemäß dem Beschluss der Verkehrsministerkonferenz am 16./17.4.08 zur teilweisen Kapitalprivatisierung der DB AG hat Sachsen-Anhalt als Vorsitzland dem Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Erhaltung und zum Ausbau der Schienenwege sowie zur Sicherung des Fernverkehrs zugeleitet. Damit sollen die Länderinteressen bei der anstehenden Privatisierung der DB AG sichergestellt werden. Die Vorlage geht zurück auf einen Beschluss des Bundesrates vom 12.10.2007 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes.

Die Privatisierung einer Zwischenholding für Verkehr und Logistik birgt nach Auffassung der Verkehrsminister eine Reihe von Risiken für den Schienenverkehr und die Qualität der Infrastruktur, deren Beherrschung nur auf Grundlage eines Gesetzes möglich ist.

Mit dem Gesetzentwurf soll eine neue Finanzierungs- und Qualitätskontrolle für die Eisenbahninfrastruktur eingeführt werden. Die Netzbewirtschaftung weise eine Reihe von Schwächen auf, denen auch die Länder vor allem im Rahmen ihrer Aufgabenverantwortung für die Bestellung des Schienenpersonenfernverkehrs ausgesetzt seien. Zudem leisten die Länder einen erheblichen Beitrag zur Finanzierung der Infrastruktur. Sie müssen daher auch an der Ausgestaltung und praktischen Durchführung der neuen Output-Kontrolle beteiligt werden. Eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung bedarf deshalb einer gesetzlichen Grundlage.

Der Gesetzentwurf konkretisiert zudem den Gewährleistungsauftrag des Bundes nach dem Grundgesetz. Der Bund ist nach Art. 87e Abs. 4 GG verpflichtet, den Gemeinwohlinteressen auch im Hinblick auf das Fernverkehrsangebot Rechnung zu tragen. Art. 87e Abs. 4 Satz 2 GG bestimmt, dass Einzelheiten in einem Bundesgesetz geregelt werden, was hiermit geschehen soll.


Behandlung im Plenum:

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens sofortige Entscheidung in der Sache und die Einbringung des Gesetzesentwurfs beim Deutschen Bundestag beschlossen.



Zu TOP 23
Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten Einbeziehung der selbstgenutzten Wohnimmobilie in die geförderte Altersvorsorge (Eigenheimrentengesetz - EigRentG)
BR-Drs. 239/08



Wesentlicher Inhalt:

Durch den sogenannten "Wohn-Riester" soll selbstgenutztes inländisches Wohneigentum künftig besser in die private Altersvorsorge einbezogen werden. Auch der Kauf, der Erwerb oder die Entschuldung einer Wohnung oder eines Hauses sowie der Erwerb von Anteilen an Wohngenossenschaften sollen mit der Riester-Zulage gefördert werden.
Wie bei allen Riester-Produkten wird eine nachgelagerte Besteuerung durchgeführt: In der Ansparphase sind die Beiträge steuerfrei und in der Auszahlungsphase werden die Leistungen besteuert. Technisch wird dies durch die Einführung eines Wohnförderkontos umgesetzt. Dort werden die in der Immobilie gebundenen geförderten Beträge zzgl. einer 2%igen jährlichen Verzinsung erfasst. Zu Beginn der Auszahlungsphase haben die Steuerpflichtigen die Möglichkeit der sofortigen Begleichung der Steuerschuld. In diesem Fall müssen nur 70% des geförderten Kapitals mit dem individuellen Steuersatz versteuert werden. Alternativ können die Förderberechtigten aber auch eine bis zum vollendeten 85. Lebensjahr dauernde jährliche Versteuerung wählen. Verwendet der Berechtigte die Wohnimmobilie vor dem 85. Lebensjahr steuerschädlich, so führt dies grundsätzlich zu einer Nachbesteuerung.
Für Berufseinsteiger soll es einen Berufseinsteigerbonus in Höhe von 100 Euro geben.

Zusätzlich sollen Wohnungsbauprämien für Verträge ab dem 1.1.2009 nur noch gewährt werden, wenn das gesparte Kapital auch tatsächlich für wohnungswirtschaftliche Zwecke verwendet wird. Damit soll das Wohnungsbauprämiengesetz stärker auf wohnungswirtschaftliche Maßnahmen ausgerichtet und "Mitnahmeeffekte" vermieden werden.


Behandlung in den Ausschüssen:

Der federführende Finanzausschuss, der Wirtschaftsausschuss, der Ausschuss für Arbeit und Soziales und der Ausschuss für Wohnen und Städtebau empfahlen dem Bundesrat, eine umfangreiche Stellungnahme abzugeben.

Vor allem der Berufseinsteigerbonus müsse in seiner Altersbegrenzung flexibler gestaltet werden und die grundsätzlich richtige Bindung der Wohnungsbauprämie für unter 25jährige wie bislang auch nach Ablauf einer 7jährigen Sperrfrist entfallen.
Bei ausschließlicher Förderung inländischer Wohnimmobilien bestehe die Gefahr, dass das Gesetz gegen zwingende Vorschriften des Europarechts verstoße.


Behandlung im Plenum:

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens eine umfangreiche Stellungnahme beschlossen.



Zu TOP 29
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates
betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel
BR-Drs. 111/08



Wesentlicher Inhalt:

Mit dem Vorschlag der KOM werden das europäische Kennzeichnungsrecht (Richtlinie) und das Nährwertkennzeichnungsrecht (ebenfalls eine Richtlinie) für Lebensmittel aktualisiert und zusammengefasst. Und durch die Zusammenfassung wird die direkte Anwendung erleichtert - vor allem für die Wirtschaftsbeteiligten und für die zuständigen Behörden. Denn die Kennzeichnungen auf den Lebensmittelverpackungen müssen für die Lebensmittelunternehmen einerseits verständlich und umsetzbar sein und sie müssen andererseits von den zuständigen Behörden im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit eindeutig überprüft werden können.

Vorgeschrieben wird die Angabe
- der Bezeichnung des Lebensmittels
- der Zutaten
- der allergenen Zutaten, wenn vorhanden
- der Mindesthaltbarkeitsdauer
- der Herkunft und des Herstellers
- des Nährwertes

Auch Separatorenfleisch soll nach dem Verordnungsvorschlag gekennzeichnet werden, und zwar undifferenziert alles, was unter die Rubrik Separatorenfleisch fällt. Ohne Kennzeichnung sollen Wein, Bier und Spirituosen vermarktet werden können sowie weitere im jetzigen Durchgang nicht umstrittene Produkte wie Obst, Butter u.a. Niedersachsen rechnet mit zusätzlichen Kosten (Analysekosten und Personalbedarf) in Höhe von ca. € 350.000.


Behandlung in den Ausschüssen:

Der Agrarausschuss empfahl auf Antrag Niedersachsens, dass zukünftig auch bei Wein, Bier und Spirituosen die Zutaten angegeben werden, es soll also keine Ausnahme vom Kennzeichnungsgebot geben.
Zudem solle höherwertiges Separatorenfleisch nicht kennzeichnungspflichtig werden. Man bezieht sich damit auf die Differenzierung der Qualitäten, wie sie die Kommission bereits setzt. Diese Differenzierung wird dahingehend aufgegriffen, dass nur das geringwertigere Separatorenfleisch (Maßstab ist der Kalziumgehalt, der wiederum vom Gewinnungsverfahren abhängt) gekennzeichnet werden soll.
Der EU-Ausschuss empfahl auf Antrag RP, das Anliegen zu Wein etc. wieder zu streichen. Der im Entwurf der Verordnung vorgesehene Bericht über die eventuelle Kennzeichnung von Wein solle gestrichen werden.


Behandlung im Plenum:

Im Bundesrat erhielt das Anliegen des Landes RP eine Mehrheit.

Ein Plenarantrag aus Bayern, mit dem die Bundesregierung gebeten wird, auf EU-Ebene dafür zu sorgen, dass kleine und sehr kleine Hersteller von Lebensmitteln von der Kennzeichnungspflicht befreit werden, erhielt ebenfalls eine Mehrheit.

Der zweite Plenarantrag aus Bayern, der die Kennzeichnungen in graphischer Form forderte, wurde abgelehnt.

Ein Plenarantrag Saarlandes, der die Erarbeitung von Vorschlägen für zusätzliche Symbole oder graphische Elemente durch Bund und Länder forderte, erhielt eine Mehrheit.



Zu TOP 43a)
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches
Sozialgesetzbuch
- Antrag des Landes Rheinland-Pfalz -
BR-Drs. 676/07


i.V.m.

Zu TOP 43b)
Entschließung des Bundesrates zur Berücksichtigung des kinderspezifischen Bedarfs bei der Bemessung der Regelleistungen nach dem SGB II und SGB XII
- Antrag der Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen -
BR-Drs. 329/08


Wesentlicher Inhalt:

Der Gesetzesantrag von Rheinland-Pfalz zielt darauf ab, die Bestimmungen für die abweichende Erbringung von Leistungen im SGB II und die Bestimmungen über die einmaligen Bedarfe im SGB XII um einen Bedarfstatbestand der besonderen Lernmittel zu erweitern. Für Schülerinnen und Schüler unter 18 Jahren soll zu Beginn jedes Schulhalbjahres eine Pauschale zur Beschaffung von besonderen Lernmitteln (außer Schulbüchern) bereit gestellt werden. Die derzeitigen Möglichkeiten, in diesem Bereich auf unabweisbaren Bedarf wie zum Beispiel Schulranzen, Zirkel, Füller oder Taschenrechner zu reagieren, seien unbefriedigend.

Mit der Entschließung des Landes Nordrhein-Westfalens und Niedersachsens soll die Bundesregierung aufgefordert werden, die Regelleistung und die Regelsätze für Kinder unverzüglich neu zu bemessen und als Grundlage hierfür eine spezielle Erfassung des Kinderbedarfs vorzusehen. Dabei ist auch sicherzustellen, dass die besonderen Bedarfe der Kinder im Hinblick auf Mittagsverpflegung z.B. in Ganztagsschulen sowie bei der Beschaffung von besonderen Lernmitteln durch die Leistungen abgedeckt werden. Außerdem ist eine Öffnungsklausel in das SGB II aufzunehmen zur abweichenden Bedarfsbemessung in Einzelfällen. Zudem soll geprüft werden, in welchen Bereichen Sachleistungen besser als Geldleistungen eine chancengerechte Teilhabe der Kinder am gesellschaftlichen Leben gewährleisten. Die Beteiligung der Länder an der Überprüfung ist sicherzustellen.


Behandlung in den Ausschüssen:

Der Antrag von Rheinland-Pfalz ist im federführenden Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, im Ausschuss für Frauen und Jugend, im Finanz- und dem Innenausschuss sowie dem Ausschuss für Kulturfragen zunächst vertagt worden. Rheinland-Pfalz bat darum, seinen Antrag aufzusetzen und eine Entscheidung in der Sache herbeizuführen.

Die Entschließung von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsens wurde im federführenden Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, dem Ausschuss für Frauen und Jugend sowie im Ausschuss für Kulturfragen jeweils einstimmig gefasst.

Der Finanzausschuss und der Innenausschuss beschlossen eine Vertagung. Nordrhein-Westfalen bat darum, den Punkt in die Tagesordnung des Bundesrates aufzunehmen und eine sofortige Sachentscheidung herbeizuführen.


Behandlung im Plenum:

Rheinland-Pfalz hat seinen Antrag auf sofortige Sachentscheidung im Plenum zurückgezogen. Die Ausschussberatungen werden nun fortgesetzt.

Der Bundesrat hat die Entschließung mit den Stimmen Niedersachsens entsprechend den Ausschussempfehlungen gefasst. Aufgrund eines Plenarantrages der Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Saarland hat der Bundesrat die Entschließung noch ergänzt. So erwartet der Bundesrat, dass die Bundesregierung eine Regelung bis Ende 2008 vorlegt.


Presseinfo

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.02.2010

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